Bis heute können Ärzte Morbus Parkinson ausschließlich anhand von typischen Symptomen diagnostizieren – also erst, wenn die Krankheit bereits ausgebrochen ist. Um diese Tatsache zu ändern, entwickelten Forscher nun eine künstliche Intelligenz, die erste Anzeichen bereits 15 Jahre vor den ersten Symptomen erkennen kann. Das Programm analysiert dazu Kombinationen aus verschiedenen Biomarkern im Körper, die das Einsetzen der Erkrankung signalisieren. Schon jetzt konnte eine Treffsicherheit von bis zu 96 Prozent erzielt werden.
Frühdiagnose Parkinson anhand von Blutproben
In der kürzlich veröffentlichten Studie beschreiben die Forscher, wie sie neuronale Netzwerke dazu verwenden Metabolite im Blut der Patienten zu analysieren. Die Proben stammen aus einer Untersuchung, die in Spanien an gesunden Probanden durchgeführt wurde. Daraufhin entwickelten 39 der Teilnehmer in einem Zeitraum von 15 Jahren die Krankheit Parkinson. Mithilfe ihrer Daten programmierten die Forscher die künstliche Intelligenz darauf verschiedene Metabolite voneinander zu unterscheiden. Metabolite sind chemische Produkte, die entstehen, wenn unser Körper Nahrung, Medikamente oder andere Chemikalien abbaut. Ein Vergleich dieser mit Stoffwechselprodukten von 39 gesunden Kontrollpersonen erlaubt es einzigartige Kombinationen in den Biomarkern zu unterscheiden, die potentiell auf Parkinson hindeuten können.
KI erlaubt Analyse von tausenden Stoffwechselprodukten
Die Künstliche Intelligenz wird von dem eigens dazu entwickelten Werkzeug CRANK-MS trainiert. Dieses ist dazu in der Lage Daten aus den Analysen der Metabolite zu ordnen und über ein neuronales Netzwerk miteinander zu verbinden. Normalerweise werden diese Daten über einen statistischen Vergleich zwischen verschiedenen Molekülen der unterschiedlichen Gruppen ausgewertet. Doch durch die Anwendung von CRANK-MS wird der Einfluss verschiedener Stoffwechselprodukte aufeinander in die Analyse miteinbezogen. Das erlaubt die Untersuchung der Wechselbeziehungen von tausenden Metaboliten.
Der Datensatz wird direkt an die KI weitergereicht – eine vorhergehende Bearbeitung ist nicht mehr notwendig. Damit wird sichergestellt, dass keine Informationen verloren gehen, die eigentlich eine wichtige Bedeutung bei der Risikoeinschätzung für eine spätere Parkinson-Erkrankung haben.
Diagnose schon 15 Jahre im Voraus
Bis jetzt wird eine Parkinson-Erkrankung ausschließlich anhand von physischer Diagnostik festgestellt – beispielsweise einem Tremor in der Hand. Es gibt keine Bluttests oder genetische Diagnosemittel, die eine zuverlässige Bestimmung erlauben. Trotzdem sind bereits Jahre, bevor die Krankheit durch das auffällige Zittern festgestellt wird, atypische Symptome vorhanden. Das können Erscheinungen wie Schlafstörungen oder Apathie sein. Um ausgehend von diesen Merkmalen eine Parkinson-Erkrankung auszuschließen, soll in Zukunft die neu entwickelte künstliche Intelligenz eingesetzt werden.
Obwohl die Ergebnisse der Studie zwar vielversprechend sind, ist auch der Studienautor der Meinung, dass es noch viele weitere Untersuchungen und Daten braucht, damit die Analyse zuverlässiger wird. Immerhin war die KI aber bereits in der Lage 96 Prozent der Parkinson-Fälle zu erkennen.
Ernährung und Umweltgifte bei Parkinson
Abgesehen von den diagnostischen Möglichkeiten entdeckten die Wissenschaftler weitere spannende Zusammenhänge bei ihrer Untersuchung. Beispielsweise findet sich bei Personen, die Parkinson entwickeln, ein niedrigerer Spiegel an Triterpenen im Blut. Die Moleküle schützen Neuronen vor oxidativem Stress und sind vor allem in Nahrungsmitteln wie Äpfeln, Oliven oder Tomaten enthalten. Eventuell kann eine zukünftige Studie klären, ob eine Ernährung, die reich an diesem Stoff ist, Parkinson vorbeugen kann.
Zusätzlich fand man im Blut der Erkrankten polyfluorierte Alkyle (PFAS), die normalerweise in der chemischen Industrie eingesetzt werden. Immer häufiger treten sie aber auch in unserer Umwelt auf, weil sich ihre Entsorgung als schwierig herausstellt.
Da CRANK-MS frei zugänglich sein wird, können Forscher das Werkzeug schon bald für die Erkennung unterschiedlichster Biomarker verwenden und Diagnosen erleichtern.
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