Die meisten von uns würden gerne möglichst lange leben. Altersbedingte Erkrankungen wie Demenz oder auch das simple Nachlassen der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit machen das hohe Alter aber oft weniger lebenswert. Milliardäre wie Jeff Bezos und Peter Thiel stecken deswegen Milliarden in Projekte und Start-Ups, die an Möglichkeiten forschen, länger und vor allem gesünder zu leben.
Plötzlich 25 Jahre jünger
Eine der wichtigsten Entdeckungen im Gebiet des längeren Lebens geht auf das Konto von Diljeet Gill, einem Doktorats-Studenten des Babraham Instituts in Großbritannien. Er untersuchte, was mit alten Hautzellen passiert, wenn man sie „neu programmiert“ – ein Prozess, in dem unterschiedliche Zellen (Muskeln, Haut, Herz, etc.) in Stammzellen verwandelt werden. Diese sind dann quasi wie ein unbeschriebenes Blatt. Gill stoppte das Experiment mittendrin als er merkte, dass sich die Hautzellen verjüngt hatten. Und zwar nicht zu gering: Die Zellen verhielten sich, als wären sie stolze 25 Jahre jünger. Als er seinem Vorgesetzten Wolf Reik die Ergebnisse zeigte, war dieser sichtlich geschockt: „Das war ein richtiger ,Wow‘-Moment für mich. Ich bin dreimal von meinem Sessel gefallen.“ All das spielte sich 2019 noch vor der Pandemie ab. Seitdem traten Gill, Reik und einige NobelpreisträgerInnen dem neuen Start-Up „Altos Labs“ bei. Das Biotechnologie-Unternehmen möchte menschliche Zellen verjüngen – allerdings nicht, um uns unsterblich zu machen, sondern um Alterskrankheiten auszumerzen. Altos Labs wird mit rund drei Milliarden US-Dollar von Silicon-Valley-Milliardären finanziert.
Eine längere „Gesundheitsspanne“
Das Projekt hat also nicht das Ziel den ersten 1.000-jährigen Menschen zu erschaffen, sondern „es geht darum, sicherzustellen, dass das hohe Alter genossen werden kann. Wer möchte seine Lebenszeit verlängern, wenn das nur weitere 30 Jahre Krankheit zur Folge hat. Es geht um eine Verlängerung der ,Gesundheitsspanne‘, nicht der Lebensspanne“, meint Professorin Janet Lord vom Institut für Entzündungen und Altern der University of Birmingham. Altos Labs ist aber nicht das einzige Unternehmen, das eine Heilung für das Altern sucht: Google hat „Calico“ – die „California Life Company“ – schon 2013 mit einem Startkapital von einer Milliarde US-Dollar ins Leben gerufen, um den Altersprozess zu dokumentieren und die Lebensspanne zu verlängern. Dafür untersuchen sie beispielsweise Mäuse mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von sechs Jahren und Nacktmulle mit einer Lebensspanne von rund 30 Jahren. Bisher hat Calico aber noch keine handfesten Ergebnisse geliefert.
90: Das neue 50 bis 2030
Gerade im kalifornischen Silicon Valley sehen Milliardäre wie der PayPal-Gründer Peter Thiel den Alterungsprozess sowie den Tod aber einfach als Probleme an, die, ähnlich wie Bugs beim Programmieren, gelöst werden können. So hat Thiel bereits Millionen in die Forschung nach einer Lösung für das Altern gesteckt. Unter anderem in die Methuselah-Stiftung, die „90 zum neuen 50 bis 2030“ machen möchte. Thiel denkt, dass es künftig möglich sein wird „alle Krankheiten zu besiegen, so wie man Bugs in einem Computer-Programm beseitigen kann. Der Tod wird letztendlich von einem Mysterium zu einem lösbaren Problem werden.“
Milliardäre wie Thiel und Amazon-Gründer Jeff Bezos haben auch ein weiteres Silicon Valley Start-Up mit 116 Millionen Dollar gefördert: Unity Biotechnology entwickelt Therapien, um Zellen, die etwa durch Toxine oder Strahlung beschädigt worden sind, aus dem Körper zu entfernen. Mitgründer Ned David denkt, dass damit „ein Drittel der Krankheiten in entwickelten Ländern verpuffen könnte.“ Bei Versuchen an Mäusen zeigten die Therapien bereits Wirkung: Die Medikamente zerstörten beschädigte Zellen in älteren Mäusen, wodurch sich die körperlichen Fähigkeiten der Nager verbesserten und sie länger lebten. Derzeit laufen auch über ein Dutzend klinische Untersuchungen an Menschen, bei denen Morbus Alzheimer, Osteoarthritis und Gebrechlichkeit im Fokus stehen.
Sollten allerdings all diese Versuche, das Leben zu verlängern, noch eine Weile brauchen, haben Milliardäre wie Peter Thiel bereits vorgesorgt: Er hat sich bei der „Alcor Life Extension Foundation“ angemeldet, die seit 1976 menschliche Körper auf Eis legt, bis die Wissenschaft sie wiederbeleben kann. Das Prozedere kostet rund 200.000 Dollar, zuzüglich jährlichen Gebühren und ist laut Professorin Lord „total verrückt“.
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