Seit Beginn der Corona-Pandemie sind sie der tägliche Alltagsbegleiter: Atemschutzmasken. Es entfachen jedoch immer wieder Diskussionen darüber, ob und wie die Masken tatsächlich helfen. Selbst Experten sind sich hier uneinig. Deshalb führte ein internationales Forschungsteam nun genauere Untersuchungen zu der Thematik durch. Diese zeigten anhand von Beobachtungsdaten und Modellrechnungen, wie genau die Masken zur Verringerung des individuellen Infektionsrisikos für Covid-19 beitragen können. Hierbei legte die Arbeitsgruppe den Fokus darauf, unter welchen Bedingungen Gesichtsmasken die Reproduktionszahl von Covid-19 effektiv senken. Dabei fanden die Forschenden auch eine Erklärung dafür, warum sich die Wirksamkeit der Masken in unterschiedlichen Umgebungen verändert. Die Ergebnisse wurden in dem renommierten Wissenschaftsjournal „Science“ publiziert.
Meinungen gehen auseinander
Gesichtsmasken, vor allem die medizinischen und FFP2-Varianten, gehören zu den am leichtesten einsetzbaren und wirksamsten Maßnahmen gegen die Übertragung infektiöser Atemwegserkrankungen über die Luft. Dennoch gehen selbst Experten-Meinungen auseinander, es wurde viel über die Effektivität der Masken bezüglich des Coronavirus SARS-CoV-2 diskutiert. Hinzu kommt, dass Studien hier verschiedene Ergebnisse aufzeigen. „Eine schlüssige Begründung und Klärung der scheinbaren Widersprüche fehlte bisher“, so das Expertenteam. Mittlerweile gehört das Tragen einer Atemschutzmaske für fast jeden zum Alltag dazu, sie vermitteln eine Art Sicherheitsgefühl. Trotzdem sind einige Personen, darunter auch Fachleute, der Meinung, dass die Masken keine nennenswerten Auswirkungen auf die Infektionsgefahr haben. Die veröffentlichten Auswertungen der Untersuchung zeigen jetzt, inwiefern die Masken dazu beitragen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen.
Untersuchungsgegenstand der Studie
Teil des internationalen Forschungsteams waren unter anderem Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPIC), der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Es wurde untersucht, wie die Wirksamkeit der Gesichtsmasken von verschiedenen Umgebungsbedingungen beeinflusst wird. Außerdem beschäftigten sich die Wissenschaftler mit den Effekten, die das Tragen von Masken auf den gesamten Pandemieverlauf haben. Hierbei zogen sie mehrere Beobachtungdaten sowie einen neuen Ansatz zur Berechnung der durchschnittlichen Virenbelastung und ihrer Verteilung in der Bevölkerung heran.
Einfache medizinische Masken genügen meistens
Laut der Studie helfen im Alltag bereits einfache OP-Masken, um das Risiko der Virusausbreitung zu verringern. Jedoch empfehlen die Forschenden in Umgebungen mit hoher Viruskonzentration in der Luft das Tragen einer Maske mit höherer Effektivität, wie beispielsweise die sogenannten FFP2- oder N95-Varianten. Zu diesen Umgebungen gehören meist ein medizinisches Umfeld oder auch dicht besetzte Innenräume. Generell gilt jedoch, dass eine ausreichende Belüftung in Kombination mit dem Tragen einer der Maskenarten die effektivste Maßnahme ist. „Normalerweise enthält nur ein geringer Anteil der von Menschen ausgeatmeten Tröpfchen und Aerosolpartikel Viren“, erklärt Yafang Cheng, Leiterin einer Forschungsgruppe am MPIC. Wegen der meist sehr geringen Virenkonzentration in der Luft würde selbst eine einfache chirurgische Maske die Ausbreitung des Virus wirksam eindämmen.
FFP2-Masken in virusreichen Umgebungen
Zudem weisen die Wissenschaftler darauf hin, dass vor allem in virenreichen Innenräumen Masken mit einer höheren Wirksamkeit (N95/FFP2) genauso wie zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich seien, um eine Übertragung des Virus über die Luft vorzubeugen. Da die Viruskonzentration in einem Raum die Effektivität der Masken stark beeinflusst, sollten diese möglichst mit anderen Schutzmaßnahmen kombiniert werden. So könne die Infektionswahrscheinlichkeit geringer ausfallen. „Die Kombination von hochwertigen Masken mit anderen Schutzmaßnahmen wie Lüften und Abstandhalten ist besonders wichtig für Krankenhäuser, medizinische Zentren und andere Innenräume, in denen Hochrisikopatienten auf hohe Viruskonzentrationen treffen können“, erläutert Christian Witt, Leiter des Forschungsbereichs Pneumologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. „Masken werden eine wichtige Schutzmaßnahme gegen SARS-CoV-2-Infektionen bleiben – sogar für geimpfte Personen, speziell wenn der Impfschutz mit der Zeit nachlässt“, fügt der Wissenschaftler hinzu.
Mutationen und Masken
MPIC-Forschungsgruppenleiter Hang Su ergänzt: „Unsere Methode setzt die Wirkung von Masken und anderen Schutzmaßnahmen in Bezug zu Infektionswahrscheinlichkeiten und Reproduktionszahlen.“ Der Ansatz der Untersuchungen sei durchaus auf unterschiedliche Atemwegsviren wie Corona-, Rhino- und Influenzaviren übertragbar. Genauso könnten die Ergebnisse verwendet werden, um die Effektivität gegenüber den infektiöseren Mutationen des Virus SARS-CoV-2 zu bewerten. Su erklärt weiter: „Unsere Studie erklärt zudem, warum die Aerosolübertragung von Viren nicht unbedingt zu sehr hohen Reproduktionszahlen führt, wie sie bei Masern beobachtet wurden.“ Auch bei einer niedrigen Ansteckungswahrscheinlichkeit und Reproduktionszahlen könne man das Risiko einer Virusübertragung durch die Luft nicht gänzlich ausschließen.
Berechnung: Wie viele Menschen sollten Masken tragen?
Einer Berechnung der Forschenden zufolge sollten 60 bis 70 Prozent der Menschen regelmäßig medizinische Masken tragen, wenn sie sich in der Öffentlichkeit aufhalten. Somit würde die Reproduktionszahl von SARS-CoV-2 von drei auf unter eins sinken. Derselbe Effekt trete ein, sobald rund 40 Prozent der Menschen in der Öffentlichkeit Masken mit erhöhter Schutzwirkung (N95/FFP2) tragen würden. Bei den infektiöseren neuartigen Mutationen des Virus müsse die Zahl demnach nach oben korrigiert werden, so die Forschenden.
Ende der Masken-Diskussion in Sicht?
Ulrich Pöschl, Leiter der Abteilung Multiphasenchemie am Mainzer Max-Planch-Institut für Chemie, fasst erklärend zusammen: „Wir sind überzeugt, dass die in unserer Studie gewonnenen mechanistischen Erkenntnisse und quantitativen Ergebnisse einen wissenschaftlichen Durchbruch darstellen, der dazu beitragen wird, die Debatte über die Nützlichkeit von Masken abzuschließen und die COVID-Pandemie effizient einzudämmen.“
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