Menschen altern unterschiedlich schnell. Während so mancher mit 70 Jahren noch in der Lage ist einen Marathon zu laufen, quälen sich Altersgenossen mit Rücken-, Knie- oder Hüftproblemen. Der Grund dafür ist das, was Mediziner „biologisches Alter“ nennen.
Das lässt sich schon recht bald vom chronologischen Alter unterscheiden und besser von innen, sprich an den Organen, als von außen erkennen. Die meisten Alterungsprozesse beginnen schon früh. Deshalb sollte man auch in der Altersforschung früher ansetzen. „Wenn wir altersbedingte Krankheiten verhindern wollen, müssen wir beginnen das Altern schon bei jungen Menschen zu untersuchen“, erklärt Hauptautor Dan Belsky von der Duke University, North Carolina, USA.
Der Gerontologe hat gemeinsam mit Kollegen eine neue Studie veröffentlicht, deren Ergebnisse dies bestätigen. So lassen sich bereits in jungen Jahren erhebliche Unterschiede im biologischen Alterungssprozess feststellen. Die Forscher stellten 18 verschiedene medizinische Messgrößen auf, anhand derer sie das biologische Alter von 954 38-jährigen Menschen bestimmten. Dazu zählen unter anderem die Nieren-, Leber- und Lungenfunktion sowie die Funktion des Immunsystems und des Stoffwechsels. Außerdem maß man die Länge der Telomere, das sind Chromosomenenden die sich mit fortschreitendem Alter verkürzen, und den Cholesterinhaushalt. Mit dieser Methode lässt sich festellen, in welchem Ausmaß und mit welcher Geschwindigkeit Erwachsene biologisch altern.
Alter variiert zwischen 28 und 61 Jahren
Als Grundlage dienen die Ergebnisse einer Langzeitstudie aus Neuseeland. Im Rahmen der „Dunedin-Studie“ wurden in der gleichnamigen neuseeländischen Stadt 1037 Einwohner von ihrer Geburt in den Jahren 1972-73 bis zur Gegenwart regelmäßig gesundheitlich und psychologisch untersucht. Anhand der Messgrößen haben Belsky und seine Kollegen festgestellt, dass das biologisches Alter der Probanden zwischen 28 und 61 Jahren liegt.
Im Anschluss verglichen die Forscher die Daten mit sechs bzw. zwölf Jahre alten Untersuchungsergebnissen. Zum Zeitpunkt der Messung waren die Probanden 32 bzw. 26 Jahre alt. Es stellte sich heraus, dass die meisten Probanden für jedes chronologische Jahr auch um ein biologisches Jahr älter wurden. Andere jedoch drei biologische Jahre oder gar nicht, und damit jünger blieben als ihr chronologisches Alter. Auffällig war, dass jene deren biologisches Alter bereits über 38 Jahren lag, schneller alterten. Dementsprechend zeigten sich auch Alterserscheinungen wie IQ-Rückgang, erhöhtes Schlaganfall- und Demenzrisiko sowie eine Verminderung der motorischen Fähigkeiten.
Um die Ergebnisse zu stützen, wurden Studenten der Duke-University gebeten, mithilfe von Fotos das Alter der Probanden zu schätzen. Das Ergebniss spricht für die medizinisch erhobenen Daten. Jene 38-Jährigen, deren biologisches Alter über 38 Jahren lag, wurden auch als älter eingeschätzt. Während viele immer noch glauben, der Alterungsprozess sei etwas, das erst später im Leben eintritt, seien Zeichen des Alterns schon ab 26 Jahren erkennbar, sagt Belsky.
Wertvoll sind die Ergebnisse der Studie vor allem für die Behandlung von Alterserscheinungen. So werden im Moment die Begleiterkrankungen erst behandelt, wenn sie auftreten. Auch werden gleichzeitig auftretende Krankheiten isoliert behandelt. Ziel sei es, in den Alterungsprozess selbst eingreifen zu können. Außerdem wurde die Annahme bestätigt, dass der Alterungsprozess nicht nur von den Genen, sondern zu einem großen Teil auch von den Umwelteinflüssen abhängt. „Damit verschiedenste Krankheiten gleichzeitig verhindert werden können, muss der Alterungsprozess selbst das Ziel sein.“, erklärt Belsky.
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