„Muss diese Operation wirklich sein?“ – bei dieser Frage müssen Laien ihren Medizinern meist blind vertrauen. Manche Therapien sind durchaus mit Risiken verbunden, sodass Zweifel aufkommen können, ob es sich wirklich um die richtige Option handelt. Bei Zweifeln kann es sinnvoll sein eine zweite Meinung einzuholen. Im Sozialgesetzbuch (SGB V) ist für einige Eingriffe das Verfahren dafür festgelegt, für die restlichen Fälle ist dies jedoch nicht gesetzlich geregelt. In einer Pressemitteilung informiert die Stiftung Gesundheitswissen nun zu den Möglichkeiten und rechtlichen Regelungen, die es zu beachten gilt.
Sichere, unabhängige Behandlung
Um die bestmögliche Behandlung zu garantieren, soll Patienten durch das sogenannte Zweitmeinungsverfahren stets eine objektive ärztliche Einschätzung zuteilwerden. Dafür legte der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), das höchste Gremium der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen, dieses fest. In der 2018 in Kraft getretenen Richtlinie beschreibt der GBA den Ablauf und welche Qualifikationen Ärzte dafür mitbringen müssen. Außerdem weist die Stiftung Gesundheitswissen darauf hin, dass die Konsultation neuerdings auch kontaktlos geht: Seit 2021 ist es möglich die Zweitmeinung per Videosprechstunde einzuholen. Doch auch eine weitere Einschätzung nimmt dem Patienten die Entscheidung nicht ab – zudem können sich die Ansichten im schlimmsten Fall widersprechen und der Patient ist ratlos. In dem Fall empfiehlt die Stiftung, die verschiedenen Behandlungsvorschläge offen mit dem Arzt zu besprechen.
Strukturiertes Prozedere
Der gesetzliche Rahmen gilt für bestimmte planbare Eingriffe wie Gebärmutterentfernung, Mandeloperation, Schulterarthroskopie, Einsetzen eines Kniegelenkersatzes (Knie-Endoprothese) und Amputationen beim Diabetischen Fußsyndrom. Auch einige Eingriffe an der Wirbelsäule sind von dem Recht auf Zweitmeinung abgedeckt. Dazu gehören die dynamische und statische Stabilisierung (Osteosynthese und Spondylodese), die knöcherne Druckentlastung (Dekompression), Facettenoperationen, Verfahren zum Einbringen von Material in einen Wirbelkörper, Entfernung von Bandscheibengewebe (Exzision) sowie das Einsetzen einer künstlichen Bandscheibe (Bandscheibenendoprothese). In diesen Fällen wird dann ein zweiter Facharzt konsultiert, der sich die vorhandenen Befunde ansieht und gegebenenfalls den Patienten noch einmal untersucht. Die Kosten dafür übernehmen die Krankenkassen.
Recht der freien Arztwahl
Doch auch in Fällen, die nicht in der Richtlinie des GBA aufgeführt sind, ist es möglich, einen weiteren Experten um Rat zu bitten – dank des Rechts der freien Ärztewahl. Hier fehlt lediglich der standardisierte, strukturierte Ablauf. Die Stiftung empfiehlt jedoch sich vorher beim Arzt oder Kostenträger über eventuell anfallende Kosten zu informieren. Viele Krankenkassen bieten zudem eigene Prozedere an, zum Beispiel bei Eingriffen am Hüftgelenk, am Rücken oder bei der Behandlung von Krebs. Eine weitere Option können kostenpflichtige Beratungen über private Vermittler sein. Unabhängig davon, wer die Zweitmeinung gibt, sollten Patienten ihre behandelnden Ärzte um Kopien ihrer Befunde, Berichte und Laborwerte bitten. Seit Januar dieses Jahres ist dies auch in digitaler Form über die elektronische Patientenakte möglich.
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