Bereits seit Anfang November greift die Corona-Mutation P.1 in Brasilien um sich. Mittlerweile ist die Mutante auch in Deutschland angekommen, erste Fälle wurden laut Robert-Koch-Institut (RKI) in Hessen schon im Januar gesichtet. Grund zur Sorge bereitet nun auch ein Vordruck einer aktuellen Studie brasilianischer und britischer Forscher, die der Virusmutation kein gutes Zeugnis bescheinigt: Etwa doppelt so hoch könne die Übertragung sein, eine erneute Ansteckung infizierter Personen des ursprünglichen Virusstamms sei ebenfalls möglich.
Hotspot: Manaus
Mitte vergangenen Jahres geriet die brasilianische Stadt Manaus mehr und mehr in die Schlagzeilen. Damals wurde vor allem vom Zusammenbruch des Gesundheitssystems berichtet. Verantwortlich hierfür waren einerseits schwere Verläufe der Krankheit, andererseits auch die Politik von Staatschef Jair Bolsonaro, der nur zögerlich und eher unzureichend auf dessen Verbreitung reagierte. Das Virus selbst nannte er wiederholt eine „Hysterie“ und „Fantasie“ gegenüber der Öffentlichkeit. Darüber hinaus hofften auch Experten auf eine flächendeckende Herdenimmunität, die das Virus auslöschen sollte. Ende 2020 folgte dann die Ernüchterung: Der Großteil der Bevölkerung hatte sich zwar mit der damals verbreiteten Virusmutation infiziert, war aber nicht gänzlich immun gegenüber der neuen Variante P.1. Durch den Flugverkehr breitete sich die neue Mutante dann auch in weiteren Teilen der Welt aus.
Genaue Verbreitung nicht nachvollziehbar
Zu den aktuellen Corona-Zahlen gibt es zwar vom Robert-Koch-Institut (RKI) eine interaktive Grafik, eine genaue Aufschlüsselung der einzelnen Virusmutationen existiert aber nicht. Das liegt an den Verwaltungsstellen der Bundesländer, die nicht einheitlich Daten erheben oder gar untereinander verknüpfen. Eine nationale Datenbank, die ein Mutationstracking ermöglicht, fehlt nach derzeitigem Stand und macht es damit unmöglich die Ausbreitung der Mutationsvarianten nachzuvollziehen. Interessierte können sich daher momentan nur auf aktuelle Medienberichte verlassen. Bei der brasilianischen Variante etwa wurden bisher nur eine Handvoll Fälle offiziell bekannt, darunter Fälle in Hessen, Thüringen, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Das RKI erwartet jedoch weitere Fälle und Ausbrüche der P.1-Mutante.
Brandneue Studie mit besorgniserregenden Ergebnissen
Was die Situation noch prekärer macht: Die neue Mutante ist um den Faktor 1,4 bis 2,2 ansteckender als der eigentliche Virusstamm. Noch dazu sei eine erneute Infektion mit der mutierten Variante um 25 bis 61 Prozent wahrscheinlicher. Das liege an ihrer Fähigkeit, sich der schützenden Immunität durch eine frühere Ansteckung zu entziehen. Zusätzlich sei der in Brasilien eingesetzte chinesische Impfstoff nicht sehr wirksam gegen P.1, was das Infektionsgeschehen noch weiter fördern könnte. Eine genaue Einschätzung sei aber erst möglich, wenn die Eigenschaften von P.1 näher bestimmt wurden, meinen dazu die Studienautoren mit Blick auf die Ergebnisse.
Schnelle molekulare Evolution
Sorgen bereitet den Forschern auch die Mutationslinie von P.1. Insgesamt hat es 17 Mutationen erworben, was für Coronaviren erstaunlich hoch ist. Das lässt die Frage offen, wie gefährlich weitere Mutationen dieser Variante in Zukunft sein könnten. Zusätzlich ist eine Überprüfung der Wirksamkeit der aktuellen Impfstoffe noch ausständig. Vermutet wird aber eine höhere Resistenz der neuen Variante und damit ein insgesamt schlechterer Impfschutz. Gegebenenfalls müssten dann Anpassungen an den jetzigen Impfstoffen oder neue, wirksamere Wirkstoffe hergestellt werden. Mittlerweile verbreitet sich der Corona-Mutant aber auch in Japan, wo bereits die ersten Fälle gemeldet wurden. Auch ist durch die weltweite unklare Datenlage was Mutationen angeht, einschließlich hier in Deutschland, nicht abschätzbar, wo und ob die brasilianische Variante überall schon Ausbreitung findet. Daher kann derzeit nur zu erhöhter Sorgsamkeit geraten werden, was die Einhaltung der AHA-L Regeln anbelangt, um sich selber vor einer möglichen Ansteckung mit der Corona-Mutation P.1 zu schützen.
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