75% aller an Krebs erkrankten Menschen sind über 60 Jahre alt. Ein Grund für das häufige Auftreten von Krebs im Alter sind Schäden im Erbgut (DNA), die sich bei den Betroffenen ansammeln. Wie Forscher des Cornell Medicine Colleges in New York in einer Studie nun feststellten, ist dies aber nicht die einzige Ursache: Sie konnten im Blut älterer Menschen ein Stoffwechselprodukt nachweisen, das Krebszellen zum Wachsen anregt. Diese neue Erkenntnis könnte dabei helfen, neue Therapien gegen Krebs zu entwickeln. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.
Blut älterer Menschen macht Krebs aggressiver
Für ihre Studie sammelten die Forscher bei 30 jungen und 30 älteren Personen Blutproben. Die Probanden waren dabei jünger als 30 bzw. älter als 60 Jahre alt. Das Serum des Blutes gaben die Wissenschaftler dann zu einer menschlichen Krebszellkultur, um das Verhalten der Zellen zu beobachten. Jene Krebszellen, die mit dem jungen Blut behandelt wurden, wuchsen in den meisten Fällen normal weiter. Die Zellen aber, die mit dem alten Blut behandelt wurden, veränderten sich stark. Sie entwickelten ein sehr aggressives Verhalten, vermehrten sich stärker und wucherten in alle Richtungen. Das Phänomen bestätigte sich auch in Tierversuchen: Mäuse, die mit altem Serum behandelte Krebszellen injiziert bekamen, entwickelten Lungenmetastasen. Im Gegensatz dazu entwickelten jene Mäuse, die mit jungem Serum behandelte Krebszellen injiziert bekamen, keine Metastasen. Im Blut älterer Menschen befinden sich also Faktoren, die die Metastasenbildung begünstigen.
Stoffwechselprodukt im Blut erhöht Krebsrisiko
Um festzustellen, warum älteres Blut Krebszellen aggressiver macht, verglichen die Forscher verschiedene Stoffwechselprodukte in den jungen und alten Blutproben. Als mögliche Ursache identifizierten die Wissenschaftler das Stoffwechselprodukt Methylmalonsäure (MMS). MMS entsteht beim Protein- und Fettabbau und ist im Blut älterer Menschen bis zu 100 Mal höher konzentriert als bei jungen Menschen. Durch die Zugabe von MMS zu den Krebszellen werden viele Gene stärker abgelesen als normalerweise. Eines dieser Gene (SOX4) kurbelt das Tumorwachstum und die Metastasenbildung an. Damit konnten die Forscher zeigen, dass MMS der Auslöser für das aggressivere Verhalten der in altem Serum kultivierten Zellen ist.
Neue Möglichkeiten zur Krebstherapie
Die Identifizierung von MMS als kritischer Faktor für Krebswachstum und Metastasenbildung bei älteren Menschen könnte die Basis für die Entwicklung einer neuen Therapie gegen fortgeschrittenen Krebs bilden, sagen die Forscher. Für ihre Experimente verwendeten die Wissenschaftler bislang ausschließlich Krebszellen. Um festzustellen, ob MMS auch eine krebsfördernde Wirkung auf normale Zellen hat, sollten die Tests zusätzlich noch an gesunden menschlichen Zellen durchgeführt werden.
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