Erblindung, Unfruchtbarkeit, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr – das sind nur einige der möglichen Folgen von sexuell übertragbaren Krankheiten wie Tripper, Chlamydien oder Syphilis. Bald könnte es jedoch eine „Pille danach“ für diese gefährlichen Infektionen geben. Das zumindest legen die Ergebnisse einer Studie nahe, die kürzlich im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. Das neue Medikament hat allerdings einen entscheidenden Nachteil: Es scheint zu vermehrten Antibiotikaresistenzen zu führen.
STIs: Diese Personen sind besonders gefährdet
Teilnehmer der Studie waren Männer, die Sex mit Männern haben, sowie Transfrauen, die eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gegen das HI-Virus einnahmen oder bereits mit HIV infiziert waren. Im Jahr vor Beginn der Datenerhebung hatten alle Versuchspersonen eine sexuell übertragbare Krankheit (kurz: STI) durchlitten. Diese Kriterien machten die Probanden besonders gefährdet für (erneute) Geschlechtskrankheiten. Von Menschen, die ein PrEP gegen HIV einnehmen, ist zum Beispiel bekannt, dass sie dazu neigen, keine Kondome beim Sex zu verwenden.
Ein Teil der Probanden erhielt die Möglichkeit, innerhalb von drei Tagen nach kondomlosen Geschlechtsverkehr eine Dosis Doxycyclin einzunehmen. Dabei handelt es sich um ein Antibiotikum, von dem man sich erhoffte, dass es den Ausbruch von Geschlechtskrankheiten vorsorglich verhindern kann. Die restlichen Teilnehmer erhielten nach dem ungeschützten Sex hingegen die Standardbehandlung. In Abstand von wenigen Monaten wurden die Probanden dann auf die sexuell übertragbaren Krankheiten Tripper, Syphilis und Chlamydien getestet.
„Pille danach“ verhindert Geschlechtskrankheiten
Das Ergebnis: Im Vergleich zur Gruppe, die standardmäßig behandelt wurde, wurden unter den Probanden, die Doxycyclin einnahmen, während des Studienzeitraums weniger sexuell übertragbare Infektionen diagnostiziert. Das Medikament konnte das Auftreten von Syphilis, Tripper und Chlamydien um zwei Drittel reduzieren.
Außerdem war die Akzeptanz der Pille unter den Versuchsteilnehmern hoch: Ein Großteil gab an, Doxycyclin nach jedem ungeschützten Geschlechtsverkehr verwendet zu haben. Im Schnitt wurde das Medikament vier Mal im Monat eingenommen. Zu gefährlichen Nebenwirkungen sei es nach Angaben der Forscher nicht gekommen.
Tripper, Syphilis und Co. breiten sich immer weiter aus
Sexuell übertragbare Krankheiten sind ein ernsthaftes Problem: Die Fallzahlen nahmen in den USA, wo die Studie durchgeführt wurde, in den letzten Jahren immer weiter zu. Besonders gefährdet sind Männer, die gleichgeschlechtlichen Sex haben, sowie Transfrauen. Die möglichen Konsequenzen von Syphilis, Tripper und Chlamydien sind Nervenschädigungen, Erblindung, Unfruchtbarkeit sowie Schmerzen beim Sex. Angesichts der vielversprechenden Befunde sind die Forscher der amerikanischen Studie der Meinung, dass Doxycyclin ein Bestandteil der Gesundheitsversorgung dieser gefährdeten Personengruppen werden sollte.
Warum die „Pille danach“ kein Wundermittel ist
Jedoch wurden im Rahmen der Studie auch Probleme identifiziert: Bei den Probanden, die Doxycyclin einnahmen, kam es zu mehr Antibiotikaresistenzen bei Gonokokken, die die Ursache für Tripper sind.
Prof. Georg Stary, Experte für Dermatologie an der Medizinischen Universität Wien und nicht beteiligt an der Studie, hält die Befunde einerseits für vielversprechend: „Wenn sich aufgrund der DoxyPEP in dieser Kohorte weniger Personen mit jenen drei bakteriellen STIs anstecken, dann sind insgesamt weniger STIs im Umlauf. Dementsprechend werden unter Umständen auch diejenigen geschützt, die das Medikament nicht prophylaktisch einnehmen.“ Ihm bereitet jedoch die erhöhte Zahl an Antibiotikaresistenzen Sorgen: „Abschließend bleibt zu betonen, dass die Anwendung nicht generell empfohlen werden kann. Eine Empfehlung wäre – wenn überhaupt – nur für eine selektive Gruppe sinnvoll und auch da ist das mit den Resistenzen ein Problem, welches sehr ernst genommen werden muss.“
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