Forscher des Scripps Research Instituts entwickelten kürzlich ein Arzneimittel, welches einen enormen Fortschritt in der Bekämpfung von SARS-CoV-2 darstellt: Die neu entwickelte Droge NMT5 sorgt dafür, dass sich das Virus nicht länger an den ACE2 Rezeptor im menschlichen Körper binden kann, welches die Zielstruktur verschiedener Coronaviren darstellt. Der Rezeptor ist ein Enzym, welches hauptsächlich von Gefäßendothelzellen im Herzen und in den Nieren, sowie in Atemwegsepithelien und im Gastrointestinaltrakt exprimiert wird. Dem Virus wird somit das Andocken an den ACE2 Rezeptor verweigert, da das Medikament dafür sorgt, dass eine Nitrogruppe an das Virus angehängt wird. Dadurch wird verhindert, dass der Krankheitserreger in die menschliche Zelle eindringt.
Erste Forschungsergebnisse bereits vor der Pandemie
Das Pathogen wird gegen sich selbst verwendet: Es wird mit sogenannten molekularen „Warheads“ verkleidet, die eine Infektion verhindern, beschreibt Hauptautor der Step Family Endowed Chair und Scripps, Forschungsprofessor Stuart Lipton, MD, PhD.
Bereits lange vor der COVID-19 Pandemie entwickelte Lipton mithilfe seiner Kollegen das Arzneimittel Memantin, welches hauptsächlich der Behandlung neurologischer Krankheiten diente und ursprünglich von einem Anti-Influenza-Präparat stammt. Als eine Patientin mit Parkinson dieses Pharmazeutikum für die Behandlung einer Grippe zu sich nahm, stellten Kliniker eine Besserung ihres Gesundheitszustandes fest. Mit dem Ausbruch von COVID-19 stellte sich dem Forschungsprofessor schließlich die Frage, ob sich mithilfe der neurologischen Medikamente und deren positiven Auswirkung auf Influenza-ähnliche Erkrankungen nicht auch wirkungsvolle Virostatika herstellen ließen.
„Chemische Verkleidung“ schützt die Rezeptoren im Körper
Lipton und sein Team untersuchten deshalb eine Anzahl an Verbindungen, welche Memantin in der Struktur ähnelten,fügten zu diesen jedoch verschiedenene pharmakologische „Warheads“ hinzu. Die Forscher verwendeten am Ende NMT5, welches zwei Kernwirkungen aufweist: Es konnte sich an die Oberflächenpore von SARS-CoV-2 binden und das Molekül ACE2 chemisch verändern, indem es Nitroglycerin als „Warhead“ verwendet. Unter „Warhead“ oder „Sprengkopf“ versteht man eine sogenannte chemische Auskleidung, die dafür sorgt, dass sich kein ungewollter Organismus an das Zielobjekt des Pathogens bindet und ihn ausradiert. Mit diesem Experiment bewiesen die Wissenschaftler, dass sie dazu in der Lage sind das Virus zu überlisten.
Hoher Schutz vor diversen Varianten
In einem Versuch mit Zellkulturen wurde die Bindungsaffinität an den ACE2 Rezeptor der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 getestet. Dabei wurde festgestellt, dass das neu entwickelte Medikament 95% der versuchten Andockungen des Virus unterdrückt. In einem Experiment mit Hamstern, denen COVID-19 induziert worden war, verringerte NMT5 schwerwiegende Symptome um das Hundertfache. Das Arzneimittel zeigte außerdem auch eine erfolgreiche Wirksamkeit gegen viele weitere COVID-19-Varianten, beispielsweise der Alpha-, Beta-, Gamma- und Delta-Variante.
Das Ende von COVID-19?
Da das neu entwickelte Pharmazeutikum das Virus nicht direkt ausschaltet, sondern lediglich dessen Eindringen in die Zellen verhindert, erlaubt es leider keine Resistenzentwicklung. Das Forschungsteam bemüht sich nun aber Präparate zu entwickeln, die auf den menschlichen Körper abgestimmt sind, damit schon bald alternative Behandlungsmethoden gegen das Virus zur Verfügung stehen.
Diana Bojku
10.10.2022 22:45Very nice!