Die Zahl an Bakterien, die gegen gängige Antibiotika resistent sind, steigt weiterhin stetig an. Laut Robert Koch Institut sterben in Deutschland daran jährlich bis zu 20.000 Menschen. Eine eindeutige Ursache für das besorgniserregende Phänomen können Gesundheitsforscher bisher noch nicht ausmachen. Neue Forschungsergebnisse deuten jedoch auf eine überraschende Spur hin: Rohfutter für Hunde soll ein maßgeblicher Faktor für die Verbreitung resistenter Bakterien sein.
Beunruhigende Forschungsergebnisse
Wer seinem Vierbeiner zuhause regelmäßig verarbeitete Rohkost aus der Tierhandlung füttert, sollte in Zukunft vermutlich besonders Acht auf die eigene Gesundheit geben: Forschungsergebnisse des kürzlich online ausgetragenen „European Congress of Clinical Microbiology & Infectious Diseases (ECCMID)” belegen nämlich, dass europaweit gängiges Hundefutter antibiotikaresistente Bakterien enthält. Es wird von einem massiven Risiko für die internationale Gesundheit gesprochen.
Die Gefahr von Enterokokken
Wissenschaftler der Fakultät für Pharmazie an der Universität Porto analysierten in einer aktuellen Studie Hundefutter aus Supermärkten und Tierhandlungen unterschiedlicher europäischer Staaten. Speziell wurde dabei der Fokus auf die Identifikation von Bakterien des Typs Enterokokken gelegt. Solche sind eigentlich meist harmlose Bewohner der normalen Darmflora bei Mensch und Tier. In bestimmter Form können sie allerdings auch Erreger von hartnäckigen Infektionen sein. In der Nahrungsmittelindustrie verwendet man sie zur Herstellung von Camembert und Büffelmozzarella; im Schwimmbad bedeutet ihr Nachweis eine fäkale Verunreinigung des Badewassers. Die wahrlich problematischen Enterokokken sind allerdings jene Stämme, die eine Resistenz gegen Antibiotika entwickeln.
Abwasser-Erreger im Hundefutter?
Insgesamt enthielten 30 der 55 untersuchten Hundefutter-Proben antibiotikaresistente Enterokokken, wobei 100 Prozent der vertretenen Rohfuttersorten betroffen waren. Konkret wurde bei 40 Prozent der Erreger eine Resistenz gegen Antibiotika nachgewiesen, die unter anderem zur Behandlung von Atem- und Harnwegsinfektionen eingesetzt werden. Besonders besorgniserregend sei aber, dass ganze 20 Prozent immun gegen Linezolid zu sein schienen. Dabei handelt es sich um ein Reserveantibiotikum, welches bei schweren Verläufen einer Infektion eingesetzt wird, wenn andere Medikamente davor wirkungslos waren. Weiters fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Enterokokken in rohen Hundefuttersorten genetisch identisch mit jenen waren, die in Abwasserkanälen in Großbritannien und bei Krankenhauspatienten in Deutschland und den Niederlanden isoliert wurden.
Aussicht auf eine problematische Zukunft
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind antibiotikaresistente Bakterien eine der größten Bedrohungen für die Zukunft der internationalen Gesundheit. Rund 700.000 Menschen sterben aktuell jährlich weltweit an einer solchen Infektion. Seitens der WHO wird geschätzt, dass diese Zahl ohne wirksame Gegenmaßnahmen bis 2050 auf 10 Millionen Tote ansteigen könnte. In Bezug auf Hundefutter sehen die beteiligten Forscher das Problem vor allem in den Hygienekonzepten der Hersteller. Man könne nicht ausschließen, dass die nachgewiesenen Bakterien auf den Menschen übertragbar sind. Deswegen müsse der Produktionsprozess von Hundefutter überdacht werden: „Der enge Kontakt von Menschen mit Hunden und die Kommerzialisierung der untersuchten Marken in verschiedenen Ländern stellt ein internationales Risiko für die öffentliche Gesundheit dar“, bestätigt auch Dr. Ana R. Freitas von der Universität Porto.
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