Forscher des Karolinska Instituts in Schweden haben eine neue Methode entwickelt, welche ermöglicht Krebs frühzeitig zu identifizieren. Mittels einer unkomplizierten Urin- und Blutprobe sollen 14 verschiedene Krebsarten erkannt werden.
Allein für das Jahr 2022 sagen Fachleute einen Anstieg auf über 510.000 Krebserkrankungen in Deutschland voraus. Derzeit existieren mehr als 300 verschiedene Krebsarten. Zu den häufigsten zählen:
- Brustkrebs
- Prostatakrebs
- Darmkrebs
- Lungenkrebs
- Hautkrebs und
- Gebärmutterhalskrebs
Die Früherkennung einer Krebserkrankung ist von enormem Vorteil, da akute sowie langfristige Fälle rechtzeitig behandelt werden können. Eine zeitgerechte Diagnose sorgt für weitaus höhere Therapiechancen.
Identifikation mittels Blut- und Urinproben
Das brandneu entwickelte Verfahren der schwedischen Wissenschaftler beruht auf der Analyse von Zuckerverbindungen, sogenannten Glykosaminoglykanen (GAGs). Diese befinden sich im Blut und Urin von Menschen. Im Falle eines Tumors verändert sich die Struktur der GAGs, wodurch sich gesunde Menschen von Krebskranken unterscheiden lassen.
Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Flüssigbiopsie. Die Analyse wird dabei an Blut und Urin durchgeführt anstatt von Gewebe. Im Rahmen der Untersuchung führten die Forscher die Biopsie bei 1.260 gesunden sowie erkrankten Probanden in Form eines Urintests durch. Die GAG-Muster im Blut und Urin von Krebspatienten wurden mit den Mustern von gesunden Menschen verglichen. Anhand dieser Untersuchung konnte eine Vorhersagemethode für verschiedene Krebsarten entwickelt werden.
60 Prozent Erfolgsquote
Bei einer Fortsetzung des Verfahrens konnten 41,6 Prozent und nach einer zusätzlichen Urinprobe sogar 60 Prozent aller Krebserkrankten identifiziert werden. Die Ergebnisse wurden mit mehr als 150.000 Blutproben aus einer niederländischen Blutbank sowie einem Mausmodell abgeglichen.
Die Einfachheit der Durchführung der Flüssigbiopsie ist ein großer Vorteil. Dieser Test kann nämlich auch bei Krebsarten angewendet werden, bei denen eine herkömmliche Biopsie zu riskant ist, wie zum Beispiel bei Lungen- oder Hirntumoren. Der Nachteil dieser Probeentnahme ist jedoch der Grad der Aussagekräftigkeit. Dieser ist im Vergleich zur Gewebebiopsie nämlich geringer, was bedeutet, dass die Flüssigbiopsie nur zur Ergänzung angewendet werden sollte.
Einfach durchführbar und erschwinglich
Bei der Untersuchung der Zuckerverbindungen fiel den Forschern auf, dass im Urin der Probanden bereits einige Merkmale aussagekräftige Informationen über den räumlichen und zeitlichen Status von Krebs in einem frühen Stadium enthalten könnten. Dies deutet darauf hin, dass das Verfahren zukünftig als „Massentest“ eingesetzt werden kann. Die Studienautoren gaben auch bereits einen Preisvorschlag von 50 Dollar pro Test bekannt, was fünf bis zehnmal günstiger wäre als alternative Verfahren.
Weitere Validierung der Tests notwendig
Almut Schulze vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg schätzt solch eine Analyse als potenziell praxistauglich ein. Dennoch meint die Professorin, dass die untersuchte Anzahl der Probanden trotz der beachtlichen Größe nicht exakt auf andere Bevölkerungen zu übertragen sei. Auch das Mausmodell wurde hierbei kritisiert, da die Tumorzellen mittels operativen Eingriffs in die Mäuse eingesetzt wurden. Schulze meint, dass keine genetisch manipulierten Mäuse verwendet wurden, in welchen Tumore spontan entstanden. Jedoch wären diese der menschlichen Erkrankung ähnlicher gewesen. Der Eingriff müsste für Entzündungsreaktionen im Mauskörper gesorgt haben, was das Testergebnis möglicherweise verfälscht haben könnte.
Darüber hinaus weist die Studie weitere Lücken auf. Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Störfaktoren wie potenzielle Vorerkrankungen die Aussagekraft des Tests verfälschen können. Dies sorgt nämlich für einer Veränderung der GAGs, was somit zu einem falsch positiven Test führen kann. Auch Edgar Dahl vom Institut für Pathologie des Uniklinikums Aachen ist der Meinung, dass eine „umfangreiche Validierung in großen prospektiven Studien“ erfolgen muss, bevor man die Tests in der Praxis anwenden kann. Bis die Flüssigbiopsie anwendungstauglich ist, müssen die Forscher an Feinheiten arbeiten.
Was meinen Sie?