Die Tasse Kaffee wird verschüttet, Gegenstände werden ungewollt fallengelassen, das Zittern wird immer stärker. Die Ursachen dafür sind vielseitig. Unter anderem können Stress, zu viel Kaffee oder Zigaretten die Symptome noch weiter verstärken. Häufig ist ein essenzieller Tremor daran schuld. Doch was ist ein Tremor und ab wann wird er gefährlich?
Zittern ist nicht gleich Zittern
Jeder Mensch hat einen messbaren Tremor. Damit sind unkoordinierte Bewegungen gemeint, die in Ruhe- oder Aktionsphasen auftreten können. Ein leichtes, fast unmerkliches Zittern, das als physiologischer Tremor bezeichnet wird, gehört aber zum normalen Leben dazu. Andere unkontrollierte Bewegungen können aber je nach Ausprägung auf ernsthafte Erkrankungen hinweisen. Generell wird unterschieden zwischen:
- Ruhetremor: Tritt im bewegungslosen Zustand auf und verringert sich eher, wenn eine Aktion stattfindet. Dieses Symptom zeigt sich häufig bei einer Erkrankung mit Parkinson. Betroffen sind meistens die oberen Extremitäten, wie Gesicht, Rumpf, Hände und Arme.
- Aktionstremor: Zeigt sich nur, wenn eine bestimmte Aktion willkürlich ausgeführt wird. Dabei gibt es weitere Unterarten, wie beispielsweise den Haltetremor, der durch das Ermüden der Muskeln beim Halten eines Gegenstands eintritt. Auch der Bewegungstremor, der sich unter anderem beim unkontrollierten Zittern der Hand beim Trinken aus einer Tasse zeigt, gehört dazu.
Je nach Ausprägung dieser Symptome kann ein essenzieller Tremor vorliegen, eine genauere Diagnostik durch einen Facharzt für Neurologie ist daher notwendig. Bei etwa 60 Prozent aller Betroffenen ist dieser erblich bedingt. Sind die Symptome zu stark, bieten sich für eine medikamentöse Behandlung Betablocker als Mittel der ersten Wahl an, wobei Epilepsiepräparate das Zittern ebenfalls weiter reduzieren können. Aber auch andere Krankheiten sind Ursache für unkontrollierte Bewegungen: Parkinson, Multiple Sklerose und Schlaganfall stehen dabei ganz oben auf der Liste.
Medikamente als Ursache
Nicht nur Erkrankungen oder natürliche Gegebenheiten können die Ursache für Zittern unterschiedlicher Ausprägung sein. Als weitere Auslöser gelten dabei gewisse Medikamentengruppen. Der Hausarzt oder ein Facharzt für Neurologie kann meist auf Anhieb erkennen, welcher Arzneistoff die Symptome verursacht. Dazu zählen etwa bronchienerweiternde Mittel, die bei Asthma und COPD Medikamenten eingesetzt werden. Ebenfalls davon betroffen sind Schilddrüsenmedikamente mit dem Hormon Thyroxin und Arzneien gegen psychische Erkrankungen. Alternative, vom Arzt verschriebene Wirkstoffe können den Tremor lindern oder auf ein Minimum reduzieren.
Stress als beeinflussender Faktor
Auch zusätzliche Belastungen wie Stress wirken sich ungünstig auf das Zittern aus. Gezielter Stressabbau kann nicht nur die unkontrollierten Bewegungen vermindern, er vermeidet auch das Risiko für zahlreiche Folgeerkrankungen, wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck. Schuld daran ist die erhöhte Ausschüttung der Stresshormone Cortisol und Adrenalin, die nicht nur den Blutdruck, sondern auch den Blutzuckerspiegel erhöhen. Daher ist es umso wichtiger öfters Ruhephasen täglich einzuplanen, damit der Körper sich wieder von vergangenen Stressphasen erholen kann. Meditation, Yoga und autogenes Training sind weitere Möglichkeiten, um mehr Entspannung in den Alltag zu integrieren.
Hirnschrittmacher als letzte Option
Eine weitere Möglichkeit ist eine tiefe Hirnstimulation, wenn Medikamente nicht mehr ansprechen. Mittels Operation wird ein Hirnschrittmacher implantiert, der als Steuergerät gewisse unterwünschte Reize blockieren kann. Dadurch lassen sich auch Erkrankungen wie Parkinson und Dystonie mit dieser Methode behandeln. Da es sich dabei aber um einen operativen Eingriff handelt, sollten vor einem Eingriff die Risiken und möglichen Nebenwirkungen im Beratungsgespräch mit einem Facharzt gut abgewogen werden. Eine gänzliche Heilung ist aber durch die derzeitigen Behandlungsmethoden nicht möglich.
Oberflächen-Elektrostimulation als Alternative
Aktuell forschen Wissenschaftler der Universität Würzburg an einer neuartigen Technologie zur Behandlung eines essenziellen Tremors. Statt eines operativen Eingriffs wird der Hirnschrittmacher über Elektroden am Außenbereich des Körpers angebracht. Mittels Klebeelektroden wird Wechselstrom über der Region des Kleinhirns an der Stirn abgegeben. Als Folge zeigte sich bei der Mehrzahl der Patienten nach einer 30 Sekunden andauernden Stimulation eine Verbesserung der Symptome, bei manchen hörte das Zittern sogar gänzlich auf. „Entscheidend für den Effekt ist die Phase der Stimulation. Wir konnten sehen, dass es – angepasst an die Schwingungsphase des Zitterns – pro Patient eine ideale Phase für die wirksamste Stimulation gibt“, erklärt dazu Studienautor Sebastian Schreglmann in einer Pressemitteilung.
Dabei haben die Forscher eine neue mathematische Methode entwickelt, die eine variable Anpassung des Zitterns in der Echtzeit-Stimulation ermöglicht. Ein weiterer Vorteil dabei ist, dass die Berechnung einen effizienten Algorithmus verwendet, der obendrein nicht viel Rechenpower benötigt und somit praktikabel im Alltag einsetzbar ist: „Für die Vision eines nicht-invasiven Hirnschrittmachers ist dies ein wesentlicher Punkt – dadurch könnte ein kleiner, zum Beispiel am Gürtel zu tragender Controller, zur Steuerung ausreichen“, so Schreglmann weiter. Die Anwendung des Algorithmus sei aber auch bei anderen Erkrankungen, die auf fehlgeleiteter rhythmischer Aktivität im Gehirn basieren, vorstellbar.
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