Ist die Anti-Baby-Pille schlecht für die psychische Gesundheit? Das zumindest legen zahlreiche Berichte von Frauen nahe, die in den sozialen Medien über ihre Erfahrungen sprechen. Viele sind davon überzeugt, dass die Pille bei ihnen sogar zu Depressionen geführt habe. Doch entsprechen diese Anekdoten auch einer wissenschaftlich nachweisbaren Tatsache? Eine aktuelle Studie liefert auf diese Frage eine beunruhigende Antwort.
Macht die Pille depressiv?
In der Forschung ist man sich noch nicht einig darüber, ob die Anti-Baby-Pille tatsächlich das Risiko für Depressionen erhöht, da bisherige Untersuchungen zu diesem Thema widersprüchliche Befunde ergeben haben. Wissenschaftler der Universität Uppsala in Schweden haben kürzlich eine großangelegte Studie durchgeführt, die Licht ins Dunkel bringen sollte. Dafür wurden Informationen aus der „UK Biobank“ verwendet, die Gesundheitsdaten von etwa 500.000 Menschen aus Großbritannien enthält. Mehr als 250.000 weibliche Probanden schlossen die schwedischen Wissenschaftler in ihre Analyse ein.
Von Interesse waren dabei Informationen über mögliche depressive Symptome sowie die Einnahme von oralen Verhütungsmitteln. Die Analysen beschränkten sich auf Frauen, die die sogenannte Kombi-Pille einnahmen. Diese besteht aus zwei Hormonen: einem Gestagen, das die Spermien vor dem Eindringen in den Uterus stoppt, sowie einem Östrogen, das die Einnistung einer befruchteten Eizelle in der Gebärmutter verhindert. Andere hormonelle Verhütungsmittel wie etwa die Minipille wurden in der Studie nicht untersucht.
Teenager besonders gefährdet
Das Ergebnis: Bei erwachsenen Nutzerinnen war die Pille mit einer um 92 Prozent höheren Inzidenz für Depressionen verbunden. Unter Frauen, die die Kombi-Pille bereits im Jugendalter einnahmen, war die Inzidenz sogar um 130 Prozent erhöht. „Der große Einfluss von Verhütungspillen bei Teenagern kann auf die hormonellen Veränderungen während der Pubertät zurückgeführt werden“, erklärt Erstautorin Therese Johansson in einer Pressemitteilung der Universität Uppsala.
Weitere Analysen zeigten: In den ersten zwei Jahren nach Beginn der Einnahme war das Risiko für Depressionen besonders hoch. Frauen, die die Pille im Teenageralter einnahmen, hatten selbst dann noch eine hohe Inzidenz von depressiven Symptomen, nachdem sie das Verhütungsmittel abgesetzt hatten – bei erwachsenen Anwenderinnen wurde dies nicht beobachtet. Obwohl die Inzidenz von Depressionen nach den ersten Jahren der Einnahme wieder sank, hatten Pillen-Nutzerinnen auch dann noch ein generell größeres Risiko als Nicht-Nutzerinnen.
Pille absetzen: ja oder nein?
Sollte man also angesichts dieser Ergebnisse von der Kombi-Pille abraten? Therese Johansson betont in der Pressemitteilung ihrer Universität: Nicht alle Frauen erleiden durch die Einnahme der Pille psychische Symptome. „Verhütungspillen ermöglichen es Frauen, ungeplante Schwangerschaften zu unterbinden, und sie können Krankheiten verhindern, die Frauen betreffen, unter anderem Eierstock- und Gebärmutterkrebs“, stellt die Forscherin klar. „Jedoch könnten manche Frauen ein erhöhtes Risiko für Depression haben, nachdem sie beginnen, die Pille einzunehmen.“
Zusammenfassend lässt sich sagen: Mediziner sollten Frauen über die möglichen Nebenwirkungen von Verhütungspillen informieren. Wer überlegt, mit der Einnahme einer Kombi-Pille zu beginnen oder diese abzusetzen, lässt sich am besten vom Frauenarzt beraten. Ob negative psychische Folgen auch bei anderen hormonellen Verhütungsmitteln auftreten – etwa der Minipille oder Hormonspirale – lässt sich auf Basis der aktuellen Studie nicht beantworten. In einer zukünftigen Untersuchung wollen die Forscher jedoch mehrere verschiedene Verhütungsmethoden in ihrem Einfluss auf die Psyche miteinander vergleichen.
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