Vor genau 60 Jahren hielt eine bahnbrechende Erfindung Einzug: Die Antibabypille. Durch den Drang der Gesellschaft zu Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau kommt immer wieder die Frage auf, warum es noch keine Pille für den Mann gibt und die Sache mit der Verhütung somit nach wie vor vor allem an Frauen hängen bleibt. Jahrzehntelang wird nun bereits an der Entwicklung eines Verhütungsmittels geforscht, das auch Männer einnehmen können – mit ernüchterndem Ergebnis: Eine Pille für den Mann wird in der nächsten Zeit nicht auf den Markt kommen. Ob und wann endlich mit einem Forschungsdurchbruch gerechnet werden kann, erklären wir nachfolgend.
Verhütung nicht nur Frauensache
Viele Jahre lang war die Antibabypille für die Frau das Verhütungsmittel Nummer eins. Endlich hatten Frauen die Kontrolle darüber, ob sie schwanger werden oder nicht und konnten ihr Leben damit freier gestalten und ihre Sexualität unbeschwerter ausleben. Nach wie vor gilt es aber auch 60 Jahre später hauptsächlich als Aufgabe der Frau, sich um die Verhütung zu kümmern, denn: Neben dem Kondom gibt es für Männer derzeit keine sichere Verhütungsmethode. Seit geraumer Zeit wird nun darüber diskutiert, dass Verhütung eine Sache beider Geschlechter sein sollte.
Die Pille für den Mann – wie soll das funktionieren?
Derzeit wird an mehreren Ansätzen geforscht, die eine Pille für den Mann möglich machen sollen. Dabei beschäftigt sich die Forschung damit, die Spermienproduktion oder die Beweglichkeit der Spermien zu unterdrücken. Ähnlich wie bei der Pille der Frau lässt sich die männliche Reproduktion mit Hormonen beeinflussen – genauer gesagt durch das Sexualhormon Testosteron. Bei der Frau wird somit der Eisprung verhindert – beim Mann soll so die Spermienproduktion eingestellt werden. Dazu wird dem männlichen Körper Testosteron verabreicht, das sich anschließend im Blut verteilt. Das Gehirn bekommt somit das Signal, dass bereits ausreichend Testosteron vorhanden ist und somit kein weiteres benötigt wird. Dadurch stellt sich die Spermienproduktion des Mannes ein – zumindest theoretisch.
Warum die Pille für den Mann auf sich warten lässt
Praktisch ist das derzeit noch mit zu vielen Risiken und Nebenwirkungen verbunden, außerdem fehlen noch größer angelegte Studien. Typische Nebenwirkungen, die in Studien beobachtet werden konnten, sind Akne, Nachtschweiß, Verminderung der Libido, Depression und Gewichtszunahme – sehr ähnlich also wie bei der Pille für die Frau. Allerdings treten diese noch zu häufig auf, weswegen eine Anwendung von Testosteron und Gestagenen in Form der Pille für den Mann derzeit noch nicht realisierbar ist. Auch die Zulassungskriterien haben sich in den letzten 60 Jahren stark verändert – die Pille für die Frau würde nach diesen Kriterien zufolge heutzutage vermutlich auch nicht mehr zugelassen werden.
Das Forschungsinteresse hält sich in Grenzen
Eine Zulassung der Pille für den Mann ist wohl auch in nächster Zeit nicht in Sicht. Das hängt auch damit zusammen, dass das Forschungsinteresse derzeit gering ausfällt. Auch das Interesse der Pharmakonzerne hält sich in Grenzen – man fragt sich hier beispielsweise, ob eine Einführung überhaupt Erfolg hätte und Männer bereit wären, die Pille einzunehmen – und ob dies dazu führen könnte, dass der Markt für die Pille der Frau gefährdet wird. Forscher gehen daher davon aus, dass es wohl noch einige Jahre dauern wird, bis es zu einer Markteinführung der Pille für den Mann kommt. Manche Experten gehen sogar erst von einer Zulassung ab 2030 aus – andere wollen bei einer Schätzung keine Jahreszahlen mehr angeben, weil man zum aktuellen Standpunkt einfach noch nicht genau weiß, wie sich die Forschung diesbezüglich weiterentwickelt. Ob und wann eine Pille für den Mann tatsächlich verfügbar sein wird, steht also leider noch in den Sternen.
Matteo Stolz
19.09.2021 21:00Sehr interessant!
Bin schon gespannt auf ein Update!