Genmanipuliertes Obst und Gemüse wird bereits seit dem Jahr 1995 in acht verschiedenen Ländern angebaut, zu denen auch die USA gehören. Auch bei Nutztieren wird Gentechnik seit Jahren eingesetzt. Hinzu kommt nun ein weiterer Vorstoß eines britischen Unternehmens, welches von der Bill & Melinda Gates Foundation finanziell unterstützt wird: Gentechnisch veränderte männliche Moskitos der Art Aedes aegypti sollen einerseits für einen massiven Rückgang in der heimischen Population sorgen, andererseits sind diese nicht in der Lage ihre Wirte zu stechen. Auf diese Weise sollen übertragbare Krankheiten auf lange Sicht von der Bildfläche verschwinden. Experten geben jedoch zu bedenken, dass derartige Eingriffe in die Natur auch schwere und unkontrollierbare Effekte zur Folge haben können.
Florida wird „Ground Zero“
Bereits im Mai des vorigen Jahres schaffte es das in Großbritannien ansässige Unternehmen Oxitec die Genehmigung des US-Umweltamts (EPA) einzuholen, die die Freigabe für das neue Experiment erteilt hatten. Vergangene Woche startete laut der Pressemitteilung des Unternehmens das Projekt nun in den USA, wobei an sechs verschiedenen Standorten in Florida stufenweise Abermillionen von Mücken freigesetzt werden. Der Gedanke dahinter: Der männlichen Art des Mosquitos Aedes aegypti wurde durch Gentechnik deren Zeugungsfähigkeit genommen. So soll Stück für Stück die Vermehrung eingedämmt werden, bis nur noch eine geringe Anzahl vorhanden ist bzw. eine vollständige Ausrottung der natürlichen Mückenart erfolgt.
Eingriff zeigt sich im Vorfeld problematisch
Im Gegensatz zu den Forschenden zeigt sich die ansässige Bevölkerung in Florida von dieser Idee allerdings nicht allzu begeistert. Dafür sorgt die Befürchtung, dass in Zukunft trotzdem stechende, genmanipulierte weibliche Moskitos auftauchen könnten. Laut Angaben der US-Verbraucherorganisation Center for Food Safety (CFS) wäre das ein durchaus mögliches Szenario, da mit einer Wahrscheinlichkeit von drei bis vier Prozent trotzdem sogenannte Hybridarten entstehen würden. Diese neue Unterart könnte sich dann ebenfalls in die Umwelt eingliedern und unterliegt wie bestehende Arten evolutionären Anpassungen. Das lässt Sorgen darüber entstehen, ob zukünftige Veränderungen das Potenzial auf eine verstärkte Übertragung von anderen Krankheiten erhöht.
Warnzeichen aus der Vergangenheit werden verharmlost
Hervorgehoben wird vor allem die Zeugungsunfähigkeit der genmanipulierten Mückenart, die den Erfolg in der Bekämpfung der Krankheitsüberträger bringen soll. In einem vergangenen Projekt in Brasilien im Jahr 2019 wurden dazu ebenfalls mehrere Insektenschwärme freigesetzt, die sich jedoch trotzdem weiterhin vermehrten. In einer dazu veröffentlichten Studie fanden sich in den untersuchten Moskitos bis zu 60 Prozent Spuren von den veränderten Genen der genmanipulierten Mückenart. In einer Gegendarstellung bestreitet Oxitec diese Vorwürfe jedoch und meint dazu offiziell, dass das Experiment nach Plan verlaufen sei. Ein Jahr zuvor wurde zudem ein ähnliches Projekt auf den Kaimaninseln abgebrochen, nachdem lokale Behörden gemeldet hatten, dass die von der Forschungsarbeit auferlegten Ziele nicht eingehalten werden konnten.
Gentechnik-Einsatz bereits in der Landwirtschaft angekommen
Dabei ist dieser Art des Vorstoßes nicht neu: Schon vor einigen Jahrzehnten, in denen es die Forschung Stück für Stück schaffte, die Gene von Tierarten und auch schlussendlich beim Menschen zu entschlüsseln, kamen derartige Ideen erstmals auf. Mithilfe der sogenannten CRISPR/Cas-Methode wurde es sodann möglich derartige Veränderungen in Lebewesen einzubauen, angefangen von Bakterien bis hin zu Säugetieren. So werden in großen landwirtschaftlichen Betrieben, beispielsweise in den USA, bereits gentechnisch manipulierte Nutztiere eingesetzt, die durch eine erhöhte Muskelmasse größeren Ertrag erbringen. Tierschützer mahnen jedoch vor Tierquälerei, da dadurch auch die Lebensqualität des Tieres stark eingeschränkt werden kann.
Weitere Projekte stehen in den Startlöchern
Doch auch Resistenzen gegen verschiedene Virenarten werden mithilfe dieser Methode umgesetzt, die wiederum für das Tierwohl sprechen. Unbekannt sind jedoch die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus, wenn gentechnisch veränderte Produkte auf lange Sicht konsumiert werden. Ebenso wie die Langzeitfolgen auf die Umwelt und neu auftretende Unterarten. Neben den Oxitec Moskitos sollen nun aber noch weitere Projekte folgen, wie etwa Wissenschaftler des Imperial College in London berichten: Diese haben eine weitere Mückenart dahingehend gentechnisch verändert, dass Gene gegen Malaria an ihre Nachkommen weitergeben werden. Die genauen Auswirkungen auf die Umwelt sind hier jedoch ebenfalls noch nicht genau geklärt.
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