Ein Virus, der von Spitzmäusen übertragen wird, ist womöglich für bislang ungeklärte Todesfälle in Europa verantwortlich. Zu dieser Erkenntnis führte eine Untersuchung von Hirngewebeproben von Personen, die innerhalb der letzten 20 Jahre an Enzephalitis oder einer Hirnschwellung verstorben sind.
Sterben Menschen an dem Borna-Virus?
Die neue Studie des Universitätsklinikums Regensburg ergab, dass ein durch Spitzmäuse übertragbarer Virus wohl hinter mehreren Todesfällen bei Menschen steckt. Die Untersuchungsergebnisse sind in dem englischsprachigen Fachjournal „Lancet Infectious Diseases“ erschienen.
Für die Studie wurden Hirngewebeproben von über 50 Patienten analysiert, die in den vergangenen 20 Jahren an Enzephalitis oder einer Hirnschwellung gestorben sind. Dadurch wurden acht neue Fälle des berüchtigten Borna-Virus ermittelt. Die nun publizierten Forschungsresultate legen nahe, dass der Virus hinter den mysteriösen Enzephalitis-Fällen steckt.
Was Sie nun wissen sollten
Spitzmäuse sind kleine Säugetiere, die in ganz Europa vorkommen. Das Nagetier mit dem zweifarbigen Fell und den weißen Zähnen ist offenbar der Hauptüberträger des Virus. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist sie beheimatet.
Die neuen Fälle wurden in Süddeutschland registriert, die Betroffenen sind zwischen den Jahren 1999 und 2019 verstorben. Die Wissenschaftler halten es jedoch für möglich, dass der Virus auch für zahlreiche weniger schwere Infektionen zu verantworten ist. Ihnen zufolge sollten Patienten mit entsprechenden Symptomen unbedingt öfter auf den Borna-Virus getestet werden, denn dieser entwickelt sich rasch und führt zu unerklärlichen Störungen des Nervensystems – möglicherweise ist diesen Beschwerden oftmals ein Kontakt zu Spitzmäusen vorangegangen.
Leben sind bedroht
Häufige Symptome des Borna-Virus sind anfangs Fieber und Kopfschmerzen, auch geistige Verwirrtheit kann auftreten. Meist geht es mit Anzeichen einer Hirnerkrankung weiter, darunter Gedächtnisprobleme, Krampfanfälle, ein unsicherer Gang und progressiver Bewusstseinsverlust.
Bei den neu erkannten Fällen verschlimmerten sich die Beschwerden nach der Einlieferung in ein Krankenhaus jeweils rasch. Dies hatte letztlich Koma und Tod zur Folge. Alle Betroffenen verloren innerhalb von nur 16 bis 57 Tagen nach der Einlieferung ihr Leben.
Die Summe der gemeldeten Borna-Virus-Fälle in Süddeutschland beträgt mittlerweile mindestens 14. Obwohl diese Zahl niedrig ist, so ist dies kein Grund zum Aufatmen, denn es wird vermutet, dass der Virus hinter einer Vielzahl bisher ungeklärter Enzephalitis-Fälle steckt. In Zukunft sollen bei Menschen mit schwerer oder sogar tödlicher Enzephalitis Tests durchgeführt werden, die aufdecken, ob diese Befürchtung tatsächlich wahr ist.
Borna-Virus tötet wohl seit Jahrzehnten still und heimlich
Eine frühzeitige Feststellung der Erkrankung könnte den Forschern zufolge anhand von Serum- und Liquorproben lebender Patienten ermöglicht werden. Der Virus ist nicht neu, sondern befällt Menschen offenbar seit mehreren Jahrzehnten. Es kann gut sein, dass der Borna-Virus auch andere ungeklärte Enzephalitis-Fälle in Regionen mit Spitzmäusen verursacht hat. Wie hoch die Dunkelziffer hier genau ist, wird sich in Zukunft noch zeigen.
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