Viele Menschen haben eine tickende Zeitbombe in ihrem Gehirn und wissen es nicht einmal: Ein intrakranielles Aneurysma, also eine krankhafte Ausbuchtung einer Hirnarterie, findet sich bei etwa jedem Zwanzigsten. Reißt das Blutgefäß, kann es zu massiven Schäden im Gehirn kommen – im schlimmsten Fall zum Tod. Eine Operation – die bisher einzige Behandlungsmöglichkeit – ist mitunter sehr riskant. Nun haben Forscher aus Japan jedoch einen Weg gefunden, Aneurysmen medikamentös zu behandeln. Werden die vielversprechenden Wirkstoffe Patienten bald von ihrer ständigen Angst vor einer Hirnblutung befreien?
Platzendes Aneurysma: Dammbruch im Gehirn
Etwa fünf Prozent aller Menschen haben ein intrakranielles Aneurysma in einem Blutgefäß auf der Oberfläche ihres Gehirns. Es handelt sich dabei um eine aufgeblähte Arterie, deren Gefäßwände geschwächt sind. Faktoren, die zur Entstehung eines Aneurysmas beitragen, sind Tabakkonsum und Bluthochdruck. Auch ältere Menschen sind besonders gefährdet. Bei den meisten Betroffenen verursacht das Aneurysma keine Symptome und verändert sich nicht im Laufe der Zeit. Daher wird es oft gar nicht bemerkt.
Vergrößert sich jedoch der Durchmesser der Arterie, kann diese irgendwann reißen. Die Konsequenz: eine Hirnblutung, welche eine ernsthafte Lebensbedrohung darstellt. Wird ein Aneurysma bei einem Patienten entdeckt und weist dieses eine hohe Gefahr für einen Riss auf, kommt ein chirurgischer Eingriff in Frage. Eine OP ist jedoch, je nach Lage der problematischen Ausbuchtung, ebenfalls mit Risiken verbunden. Mithilfe von Fachärzten sollte das Für und Wider der Behandlung daher sorgfältig abgewogen werden.
Heftige Kopfschmerzen als Anzeichen der Hirnblutung
Falls das Aneurysma tatsächlich platzt und es zu einer Hirnblutung kommt, kann sich diese durch eine Reihe von Symptomen bemerkbar machen. Dazu zählen plötzlich eintretende, heftige Kopfschmerzen, die im Nacken und Hinterkopf beginnen und sich dann in den gesamten Kopf und den Rücken ausbreiten. Auch zu einem steifen Nacken, Übelkeit und Bewusstlosigkeit kann es kommen. Eine Hirnblutung ist lebensbedrohlich – wer glaubt, eine solche an sich oder Anderen zu beobachten, sollte daher sofort den Notarzt verständigen!
Um gefährliche Komplikationen möglichst zu vermeiden, empfiehlt es sich, nach der Diagnose eines Aneurysmas auf das Rauchen zu verzichten und den Blutdruck durch eine Umstellung des Lebensstils zu senken. Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht immer aus. Forschungsarbeiten von Experten am RIKEN Center for Brain Science in Japan lassen nun hoffen, dass es in Zukunft Medikamente geben könnte, um die Gefahr durch Aneurysmen einzudämmen.
Genetische Veränderung lässt Aneurysma wachsen
Die japanischen Forscher veröffentlichten ihre Studie kürzlich im renommierten Journal Science Translational Medicine. Darin berichten sie von ihren Untersuchungen an Zellen aus Aneurysma-Arterien: Verschiedene genetische Veränderungen wurden ausgemacht, die bei einem Großteil der Aneurysmen auftraten, jedoch nie in den Zellen normaler Arterien. In weiteren Tests stellte sich heraus, dass die genetischen Veränderungen zu einer Störung in einem biologischen Signalweg führen, der eigentlich für stabile Blutgefäße sorgt. Laut Hirofumi Nakatomi, dem Leiter des Forschungsprojekts, weist dies darauf hin, dass Mutationen in den meisten Fällen der primäre Grund für die Entstehung von Aneurysmen sein könnten.
Bald Medikamente gegen Aneurysmen verfügbar?
In einem nächsten Schritt schleusten die Wissenschaftler eine der Mutationen in die Hirnarterien von Mäusen ein. Nach einem Monat war der Durchmesser der Arterien auf das Doppelte angewachsen und die Gefäßwände waren sehr schwach geworden. Diese gravierenden Auswirkungen der Mutation konnten jedoch geblockt werden – indem den Mäusen ein Wirkstoff namens Sunitinib verabreicht wurde. Bei diesen mit Medikamenten behandelten Tieren blieben die Arterien bei ihrer normalen Größe.
Weitere Forschung ist nun nötig, um zu überprüfen, ob eine medikamentöse Therapie auch bei Menschen effektiv ist. Eine noch größere Herausforderung könnte sein, überhaupt diejenigen Patienten ausfindig zu machen, bei denen ein Aneurysma vorliegt. Normalerweise wird ein solches durch eine Magnetresonanz-Angiographie oder eine CT-Angiographie festgestellt. In Japan, wo die Studie durchgeführt wurde, erhalten Menschen diese Tests als Teil ihrer jährlichen Routineuntersuchung.
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