Gehören Sie zu den Menschen, die spätestens um 21 Uhr vor dem Fernseher einschlafen? Oder würden Sie am liebsten bis 1 Uhr nachts wachbleiben, wenn Sie nicht am nächsten Tag früh zur Arbeit müssten? Wie eine neue Studie kürzlich demonstrierte, beeinflusst der Schlafrhythmus nicht nur unseren Alltag – er kann auch gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Schlafrhythmus: Nachteule oder Lerche?
Die Schlafgewohnheiten eines Menschen werden auch als Chronotyp bezeichnet. Dieser ist zum Teil genetisch bedingt. Man unterscheidet zwischen sogenannten „Lerchen“ und „Nachteulen“. Lerchen schlafen abends bald ein und sind am Morgen früh auf den Beinen, während Nachteulen spät zu Bett gehen und dafür morgens länger schlafen – sofern ihre Arbeitszeiten ihnen das erlauben. Viele Menschen entsprechen nicht eindeutig einem der beiden Typen, sondern liegen irgendwo zwischen den Extremen.
Wissenschaftler der Harvard Medical School in den USA haben bereits in früheren Untersuchungen festgestellt: Nachteulen gehen häufig zu sehr unregelmäßigen Zeiten ins Bett, was wiederum mit einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Krankheiten verbunden ist. In ihrer neuesten Studie wollten die Experten nun herausfinden, wie sich andere Lebensstilfaktoren, etwa die Ernährung, auf diesen Zusammenhang auswirken.
Nachteulen leben ungesünder
Dafür werteten sie Daten von fast 64.000 Krankenschwestern aus, die zwischen 45 und 62 Jahre alt waren. Diese Frauen hatten zwischen 2009 und 2017 verschiedene Fragebögen zu ihren Schlafgewohnheiten, ihrer Ernährung, dem Gewicht, Tabakkonsum und anderen Gesundheitsfaktoren beantwortet. Außerdem wurden Informationen über mögliche Diabetes-Diagnosen der Teilnehmerinnen einbezogen. Etwa 11 Prozent der Probandinnen konnten als Nachteulen klassifiziert werden, ungefähr 35 Prozent als Lerchen. Der Rest der Teilnehmerinnen berichtete über Schlafgewohnheiten, die nicht eindeutig einem Chronotyp zugeordnet werden konnten.
Bei den Analysen zeigte sich: Die Wahrscheinlichkeit, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, ist für Nachteulen um 19 Prozent erhöht. Dabei wurde der Einfluss anderer Lebensstilfaktoren bereits herausgerechnet. Unter den Teilnehmerinnen mit den gesündesten Gewohnheiten waren nur etwa sechs Prozent Nachteulen – von den Probandinnen, die einen besonders gesundheitsschädlichen Lebensstil hatten, machten die Nachteulen hingegen etwa ein Viertel aus. Genauer gesagt tranken die Spätaufsteherinnen in der Studie im Schnitt mehr Alkohol, sie ernährten sich ungesund, schliefen insgesamt weniger, hatten ein höheres Gewicht, machten weniger Sport und waren mit größerer Wahrscheinlichkeit Raucherinnen.
Warum flexible Arbeitszeiten wichtig sind
Auch diejenigen Frauen, deren Arbeitszeiten ihrem präferierten Schlafrhythmus widersprachen, hatten ein höheres Risiko für Diabetes. Dieses Ergebnis spreche für den Vorteil von individualisierten Arbeitszeiten, erklärt Studienautor Tianyi Huang in einer Pressemitteilung der Harvard University. Jedoch hat die Studie auch einige Schwächen: Die Teilnehmerinnen waren ausschließlich weiße Frauen – ob sich die Ergebnisse auf andere Populationen übertragen lassen, muss noch untersucht werden. Außerdem wurde lediglich beobachtet, dass der Chronotyp „Nachteule“ und schlechte Gesundheitsgewohnheiten häufig zusammen mit einer Diabetes-Erkrankung auftreten. Ob der Schlafrhythmus und die Lebensstilfaktoren tatsächlich die Ursache für Diabetes sind, kann damit nicht bewiesen werden.
Jedenfalls wollen die Forscher als nächstes herausfinden, welche Gene den Chronotypen zugrunde liegen und welchen Einfluss diese auf die Entstehung von Herzkrankheiten haben. Sina Kianersi, die ebenfalls an der Studie beteiligt war, betont die Wichtigkeit der Erforschung des Schlafrhythmus und dessen Auswirkungen auf die Gesundheit: „Wenn wir in der Lage sind, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Chronotyp und Diabetes oder anderen Krankheiten herzustellen, können Mediziner Präventionsmaßnahmen besser auf ihre Patienten zuschneiden.“
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