Sie stimuliert unser Immunsystem, verhindert Allergien und produziert essenzielle Vitamine – eine gesunde Darmflora fördert unsere Gesundheit in vielerlei Hinsicht. Wenn das Mikrobiom jedoch aus dem Gleichgewicht gerät, kann dies schwerwiegende Folgen für zahlreiche Körperfunktionen haben. In einem aktuellen Forschungsprojekt soll nun untersucht werden, ob eine unausgeglichene Darmflora rheumatische Erkrankungen begünstigt.
Belastung für Körper und Psyche
Über 40 Prozent der europäischen Bevölkerung entwickelt im Verlauf ihres Lebens Arthritis. Das Krankheitsbild äußert sich durch Gelenkschmerzen, Schwellungen, Fieber, Schlaflosigkeit und Kopfweh. Die physischen Beschwerden können sich bei schweren Krankheitsverläufen auch auf die Psyche auswirken und Depressionen sowie Angststörungen hervorrufen. Trotz des hohen Leidensdrucks gelten viele Therapiemöglichkeiten noch als unzureichend erforscht. Auch die genauen Auslöser der Erkrankung konnten bislang nicht ergründet werden.
Die Rolle der Darmflora
Um der Krankheitsursache auf den Grund zu gehen, lancierten Mediziner des Steinbeis Europa Zentrums ein umfangreiches Forschungsprojekt. Im Zuge der Studie möchten die Experten herausfinden, inwieweit sich das Darm-Mikrobiom auf chronische Entzündungen auswirkt. Der Fokus der Untersuchungen soll hierbei insbesondere auf rheumatische Erkrankungen gelegt werden.
Verhängnisvolle Mikroorganismen
Obwohl bei Arthritis noch hoher Forschungsbedarf besteht, gelang es Forschern in den letzten Jahren potenzielle Ursachen der Krankheit zu identifizieren. So deuten die bislang vorliegenden Ergebnisse darauf hin, dass bestimmte Mikroorganismen im Darm die Entwicklung der chronischen Gelenkentzündung vorantreiben könnten. Wenn die Schutzschicht des Darms nämlich durchlässig wird, besteht die Gefahr einer sogenannten Endotoxämie: Darmbakterien gelangen in den Blutkreislauf und befallen von dort aus unterschiedliche Körperregionen. Um die Mikroorganismen zu eliminieren, werden Immunzellen aktiviert, welche jedoch auch Entzündungen hervorrufen können.
Genaue Zusammenhänge im Fokus
Im Zuge der aktuellen Studie namens ENDOTARGET sollen Zusammenhänge zwischen Endotoxämie, dem Darm-Mikrobiom sowie der Darmdurchlässigkeit näher untersucht und mit den drei häufigsten Rheumaformen Spondylarthritis, rheumatoide Arthritis sowie Osteoarthritis in Verbindung gebracht werden. Die Fachleute möchten ergründen, welche Rolle die genannten Faktoren bei der Entstehung und dem Verlauf von rheumatischen Erkrankungen einnehmen. Darüber hinaus soll ermittelt werden, auf welche biochemischen Vorgänge der Krankheitsausbruch genau zurückzuführen ist.
Hoffnung auf neue Therapieansätze
Um die gewünschten Erkenntnisse zu erlangen, setzen die Wissenschaftler auf eine geografisch diverse Probandengruppe. Das Team plant, von sämtlichen Versuchsteilnehmern Blut, Stuhl sowie Gewebekulturen zu analysieren. Neben den Proben möchten die Experten zudem die Ernährung sowie Medikamenteneinnahme der Probanden berücksichtigen.
Ziel ist es, durch das Forschungsprojekt Prävention und Diagnostik zu erleichtern: „Durch die Kombination all dieser Daten wird ein auf maschinelles Lernen (ML) und KI basierendes Tool zur Vorhersage rheumatischer Erkrankungen (RDPT) für Kliniker entwickelt, das ihnen hilft, Patienten mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung der Zielkrankheiten zu identifizieren“, erläutert Projektleiter Professor Kari Eklund. Generell hoffen die Mediziner im Zuge der vierjährigen Studie eine Grundlage für innovative Therapiekonzepte gegen Arthritis zu schaffen.
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