Immer mehr Menschen sind übergewichtig. In den meisten Fällen steckt nicht nur Bewegungsmangel allein hinter den überflüssigen Kilos, sondern auch eine ungesunde Ernährungsweise. Nur warum ist der Appetit auf Dickmacher auch oft so groß? Deutsche Wissenschaftler haben sich dieser Frage gewidmet.
Spezielle Nervenzellen sind schuld
In der heutigen Zeit sind immer hochkalorische Lebensmittel erhältlich. Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung in Köln hat kürzlich festgestellt, dass bestimmte Nervenzellen im Gehirn von Mäusen die Lust auf fettreiche Nahrung erhöhen. Diese sogenannten Nozizeptin-Neurone im Hypothalamus sorgen bei Aktivierung dafür, dass die Nager mehr Kalorien zu sich nehmen.
Die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig
Immer mehr Deutsche tragen zu viel Körpergewicht mit sich herum. Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge stieg die Zahl der Übergewichtigen hierzulande im Jahr 2019 auf stolze 53 Prozent. 16 Prozent sind sogar fettleibig. Damit leiden auch immer mehr Personen an Krankheiten, die typischerweise mit Übergewicht einhergehen. Dabei handelt es sich vor allem um Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Nur selten ist das Übergewicht selbst auf eine Krankheit zurückzuführen. In den meisten Fällen ist eine ungesunde Lebensweise mit zu wenig körperlicher Aktivität und zu viel hochkalorischer Nahrung dafür verantwortlich.
Neues Wissen aus dem Labor
Forscher des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung sind anhand von Tierexperimenten mit Mäusen der Frage nachgegangen, welche Nervenzellen explizit ein „Überessen“ mit reichhaltigen Lebensmitteln herbeiführen. Dafür wurde den Nagern besonders fetthaltige Nahrung verabreicht, danach wurden sie untersucht.
Erstautor Alexander Jais zufolge waren bereits drei Tage dieser Ernährungsweise genug, um eine erhöhte Aktivität der Nozizeptin-Neuronen im Nucleus arcuatus des Hypothalamus zu ermitteln.
Sättigung tritt verzögert ein
Im Rahmen eines weiteren Laborversuchs wurden Tieren die Nozizeptin-Neurone im Nucleus arcuatus des Hypothalamus entfernt. Als Ergebnis des Eingriffs überfraßen die Mäuse sich nicht mehr mit den hochkalorischen Lebensmitteln.
Gewöhnliches Futter nahmen die Nager hingegen genauso zu sich wie zuvor. Somit können die Nozizeptin-Neurone speziell den Verzehr fettreicher Nahrung signifikant beeinflussen.
Bei weiteren Untersuchungen nahmen die Wissenschaftler genetisch modifizierte Tiere, bei denen sich die Aktivität der Nozizeptin-Neurone durch Licht steuern lässt. Eine Aktivierung dieser Nervenzellen hatte hier einen übermäßigen Nahrungsverzehr zur Folge, denn die Nozizeptin-Neuronen blockieren die Neurone, die dafür sorgen, dass Sättigung eintritt. Dies führt dazu, dass die Nagetiere mehr fressen.
Hat Übergewicht seinen Ursprung im Gehirn?
Reichhaltige Lebensmittel sorgen dafür, dass in einem kurzen Zeitraum viel mehr Kalorien aufgenommen werden. Die Menschen sind heutzutage jedoch ständig von energiedichter Nahrung umgeben. Unser Gehirn ist Jais zufolge mittlerweile sogar so verknüpft, dass wir auf diese Art von Lebensmitteln besonders gerne zurückgreifen.
Bislang ist immer noch unklar, wieso manche Menschen es hinbekommen nur so viel zu essen, wie sie tatsächlich benötigen, und andere eben nicht. Die individuelle Aktivität von Nozizeptin-Neuronen könnte dies laut dem Forschungsteam erklären.
Hier gibt es mehr Infos zum Thema Übergewicht und möglichen Folgen:
Das Problem mit Adipositas
Nicht nur in Deutschland, auch in vielen anderen Ländern der Welt erkranken immer mehr Menschen an Adipositas. Den Experten zufolge ist für die Kontrolle dieser Entwicklung dringend ein fundamentales Verständnis über den Stoffwechsel nötig.
Die derzeitige Coronakrise zeigt laut Jais ebenfalls, um welch große Risikofaktoren es sich bei Adipositas und damit einhergehenden Stoffwechselkrankheiten handelt. Aus diesem Grund muss auch noch weiter untersucht werden, welche Rolle das Nervensystem beim Verzehr hochkalorischer Nahrung spielt.
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