Ende August brach das gefürchtete Nipah-Virus in Indien aus, wo es bereits zu Todesfällen geführt hat. Seit etwa zwei Jahrzehnten taucht der Krankheitserreger wiederholt in asiatischen Ländern auf. Viele Menschen befürchten aufgrund des aktuellen Ausbruches, dass es nach Covid-19 erneut zu einer Pandemie kommen könnte. Sind diese Sorgen berechtigt? Im Folgenden erfahren Sie alles, was Sie über das Nipah-Virus wissen müssen.
Aktueller Brandherd in Indien
Im indischen Bundesstaat Kerala haben sich dieses Jahr bisher sechs Menschen mit dem Nipah-Virus angesteckt – zwei davon sind verstorben. Davon berichtete am 20.09. das Fachblatt „Nature“. Seitdem wurden keine neuen Fallzahlen gemeldet; das Virus scheint also eingedämmt zu sein. Dennoch ist die Gefahr nicht gebannt, da der Erreger in Zukunft erneut ausbrechen könnte.
In den vergangenen fünf Jahren ist es zu vier Ausbrüchen in Kerala gekommen, das letzte Mal im Jahr 2021. Meistens bleibt die Verbreitung des Virus lokal begrenzt – trotzdem gibt es Grund zur Sorge: 40 bis 75 Prozent der Infizierten sterben an den Folgen der Krankheit. Mögliche Symptome sind Übelkeit, Fieber, Atemprobleme und eine Entzündung des Gehirns. Bisher gibt es keine wirksamen Medikamente oder Impfstoffe.
Fast jährliche Ausbrüche
Das Nipah-Virus wird durch Flughunde übertragen. Diese stecken Menschen entweder direkt an oder befallen zunächst domestizierte Tiere wie Schweine, die den Erreger schließlich an ihre Halter weitergeben können. Die Infektion erfolgt durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten.
Vor etwa zwanzig Jahren kam es zum ersten Nipah-Virus-Ausbruch bei Schweinebauern in Malaysia. Der Erreger breitete sich damals auch in Singapur aus und befiel fast 300 Menschen, von denen mehr als 100 starben. Im Jahr 2001 wurde das Virus erstmals in Indien und Bangladesch festgestellt. Dort taucht es seitdem immer wieder auf – in Bangladesch fast jährlich.
Wird das Nipah-Virus das neue Corona?
Die gute Nachricht: Im Vergleich zu anderen Infektionskrankheiten, die durch Tiere übertragen werden, ist das Nipah-Virus wenig ansteckend. Das macht es ihm schwer, sich großflächig auszubreiten. Auch weil der Erreger viele seiner Wirte tötet, kann er nicht schnell genug zwischen Menschen weitergegen werden. Möglicherweise entstehen jedoch irgendwann Mutationen, die das Nipah-Virus weniger tödlich, dafür aber ansteckender machen.
Wie sehr ist nun Deutschland vom aktuellen Ausbruch in Indien gefährdet? Die Virologin Isabella Eckerle gibt darauf im Gespräch mit dem WDR eine klare Antwort: „Es ist extrem unwahrscheinlich, dass das Nipah-Virus sich in Europa ausbreitet.“ Grund dafür sei, dass sich Menschen nur bei sehr engem Kontakt infizieren können.
Was kann man gegen das Virus tun?
Die Lage in Indien hat sich mittlerweile beruhigt und die kurzzeitig strengen Kontaktregeln wurden wieder gelockert. Dennoch empfiehlt das Auswärtige Amt in Deutschland, vorerst nicht in die Region Kerala zu reisen. Durch Tiere kontaminierte Lebensmittel, etwa Früchte, sind ein möglicher Übertragungsweg des Virus auf den Menschen. Diese gilt es also zu vermeiden. Vor allem der Konsum von Palmensaft, der mit dem Urin von Flughunden verseucht sein kann, scheint häufig zu Infektionen zu führen.
Forscher aus Deutschland und anderen Ländern arbeiten außerdem an einem Impfstoff, um zukünftige Infektionswellen zu verhindern. Darüber hinaus fordert der australische Epidemiologe Andrew Breed im Gespräch mit „Nature“: In betroffenen Regionen sollten Wälder wiederhergestellt werden, sodass Flughunde mehr Lebensraum zur Verfügung haben. Dadurch käme es seltener zum Kontakt zwischen Wildtieren und Menschen, erklärt der Experte.
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