Fachleuten zu urteilen zählen sogenannte Protonenpumpeninhibitoren (PPI) zu den am meisten konsumierten Medikamenten in Deutschland. Besser bekannt sind sie unter der Bezeichnung Magensäureblocker. Häufig wird empfohlen entsprechende Magenschutzmedikamente nicht über einen längeren Zeitraum einzunehmen, da sie diverse Begleiterscheinungen hervorrufen können. Für bestimmte Personengruppen können sie jedoch besonders schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
Vorsicht bei Selbstbehandlung mit Magenschutzmitteln
Protonenpumpeninhibitoren (PPI) gehören zu den umsatzstärksten und am meisten verordneten Medikamenten. Meist empfehlen Gesundheitsexperten diese nicht über einen längeren Zeitraum zu konsumieren, da sie unter anderem zu einem Vitamin-B12-Mangel und zu Allergien führen können. Darüber hinaus hat der „Magenschutz“ extreme Auswirkungen auf das Mikrobiom von Patienten mit Leberzirrhose. Dadurch fühlen sich gesundheitsschädliche Bakterien besonders wohl und können sich immer weiter vermehren. Zu dieser Erkenntnis sind kürzlich Wissenschaftler der Medizinischen Universität Graz gekommen.
Die Universität gab in einer Mitteilung bekannt, dass Protonenpumpenhemmer notwendige Arzneimittel im Rahmen säurebedingter Erkrankungen des Verdauungssystems, wie Magengeschwüre oder Speiseröhrenentzündungen, sind. Sie wirken rasch und zuverlässig, und verfügen über ein günstiges Nebenwirkungsprofil. Wegen der wenigen bzw. kaum nachweisbaren Begleiterscheinungen werden die Arzneimittel ebenfalls außerhalb der vorgesehenen Einsatzbereiche benutzt, beispielsweise präventiv zum Schutz des Magens, wenn weitere Medikamente verwendet werden müssen.
Nachdem PPI teils rezeptfrei erhältlich sind, therapieren sich viele Personen jedoch selbst. Sie nutzen die Arzneimittel ohne klare Anwendungsempfehlung. Während der letzten Jahre gab es immer mehr Berichte über potenzielle Konsequenzen bei einer langfristigen Einnahme. Dabei war unter anderem von einer erhöhten Allergiewahrscheinlichkeit, einem größeren Sterberisiko, Osteoporose, Demenz, Vitamin- und Mineralstoffmangel die Rede.
Einnahme sollte nur mit explizitem Grund erfolgen
Die Forschungsgruppe fokussierte sich auf die Veränderungen des Darm-Mikrobioms bei chronischen Leberkrankheiten. PPI werden bei derartigen Erkrankungen oftmals angewendet, doch 50 Prozent dieser Konsumenten nimmt einen PPI ohne expliziten Grund. Daher nahmen sich die Wissenschaftler den Einfluss von PPI auf das Mikrobiom bei Leberzirrhose vor – mit einem erschreckenden Fazit. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlicht.
PPI hat einen enormen Effekt auf das Mikrobiom von Patienten mit Leberzirrhose. Das bereits durch die Erkrankung belastete Mikrobiom wird weiter geschädigt, denn die Diversität wird weiter eingeschränkt. Die Kolonisationsresistenz wird stark reduziert, sodass bessere Konditionen für schädliche Bakterien vorherrschen und sich diese ideal vermehren können. Bei einer Zirrhose sind dies insbesondere Bakterien aus dem Mund, die dann den Darm erreichen. Durch die veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms kommt es zu einer Entzündungsreaktion, sowie einer Barrierestörung im Darm. Infolgedessen treten Bakterien zunehmend in den Blutkreislauf ein.
Daneben wurde festgestellt, dass Patienten mit Leberzirrhose, die PPI einnehmen, häufiger an Komplikationen der Zirrhose versterben als die, die keinen PPI einnehmen.
Selten ist eine Dauereinnahme unvermeidbar
Das Fazit des Forschungsteams lautet, dass die Verordnung von PPI unbedingt gerechtfertigt sein muss – genauso, wie es auch bei jedem anderen Medikament der Fall sein sollte. Dies sollte für jeden einzelnen Patienten individuell geprüft werden, denn nur wenn das Arzneimittel medizinisch ratsam ist, sollte es auch tatsächlich verordnet und angewendet werden.
Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass es auch Menschen gibt, die auf eine langfristige Behandlung mit PPI angewiesen sind. Dies ist beispielsweise bei chronischen Refluxerkrankungen oder der gleichzeitigen und gehäuften Einnahme magenschädigender Arzneimittel zutreffend. Bei Betroffenen wird es essenziell sein, Behandlungskonzepte zu schaffen, die das Mikrobiom vor den negativen Auswirkungen der PPI bewahren. Laut Angaben wird bereits daran gearbeitet, das Mikrobiom mithilfe von Probiotika so ins Gleichgewicht zu bringen, dass die negativen Nebenwirkungen ausbleiben.
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