Geruchsstörungen zählen zu den typischsten Symptomen einer Coronainfektion. Während viele Beschwerden nur vorübergehend auftreten, halten Geruchsirritationen oftmals auch dann noch an, wenn die Erkrankung längst überstanden ist – zum Leid zahlreicher Betroffener. Einem amerikanischen Forschungsteam gelang es nun, die Ursache für chronische Geruchsbeeinträchtigungen aufzudecken.
T-Zellen verursachen Entzündungsprozesse
Im Rahmen eines Forschungsprojektes untersuchten Mediziner des Duke University Medical Centers in North Carolina, welche Faktoren zu langanhaltendem Geruchsverlust nach einer Covid-19-Infektion führen. Im Zuge dessen analysierten die Experten 24 Gewebeproben. Neun davon wurden Personen entnommen, die coronabedingt unter permanentem Geruchsverlust leiden. Die Auswertung der Proben ergab, dass Probanden mit chronischem Geruchsverlust eine hohe Konzentration an T-Zellen aufwiesen, die Entzündungen im sogenannten Riechepithel verursachten. Darunter wird ein spezielles Gewebe verstanden, welches die Sinneszellen für den menschlichen Geruchssinn enthält. Die Fachleute stellten fest, dass die Entzündungsprozesse die eigentliche Infektion überdauern: Obwohl keine Coronaviren mehr festgestellt wurden, wiesen die Probanden weiterhin erhöhte Entzündungswerte im Riechepithel auf.
Reparaturfunktionen noch immer vorhanden
Die Experten ziehen daraus den Schluss, dass der langwierige Geruchsverlust nach einer Coronainfektion auf langanhaltende Immunangriffe auf die Nervenzellen des Geruchssinns zurückzuführen ist. Während dieses autoimmun-artigen Prozesses reduziert sich die Anzahl an Sinneszellen im Riechepithel, wodurch der Geruchssinn eingeschränkt wird. Den Fachleuten zufolge gebe es dennoch Grund zur Hoffnung: Trotz der chronischen Angriffe verfügten die Neuronen in der Nase noch immer über gewisse regenerative Funktionen. Dies sei ein vielversprechendes Indiz dafür, dass Betroffene in Zukunft ihr Geruchsvermögen wiedererlangen könnten. „Wir hoffen, dass die Reparaturprozesse in der Nase dazu beitragen, den Geruchssinn zumindest teilweise wiederherzustellen“, erläutert Studienerstautor Professor Dr. Bradley John Goldstein.
Entscheidende Forschungsgrundlage geschaffen
Den Wissenschaftlern gelang es zu entschlüsseln, welche Geruchszellen genau beeinträchtigt werden und welche Zellarten bei den Entzündungsreaktionen eine entscheidende Rolle spielen. Dadurch konnte eine wichtige Grundlage für die Entwicklung neuer Therapiekonzepte geschaffen werden. Obwohl die Forschungsgruppe das Augenmerk auf Immunangriffe im Nasenbereich legte, könnten auch weitere Long-Covid-Beschwerden wie Erschöpfung, Konzentrationsprobleme sowie Kurzatmigkeit durch einen vergleichbaren Mechanismus hervorgerufen werden.
Geruchsirritationen selbst entgegenwirken
Laut Thomas Hummel, Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Riechen und Schmecken am Universitätsklinikum Dresden, können Betroffene selbst Maßnahmen ergreifen, um die Regeneration ihrer Geruchszellen zu begünstigen. So empfiehlt der Experte tägliche Geruchstrainings mit ätherischen Ölen, um die Geruchsrezeptoren zu stimulieren. Insbesondere die Duftnoten Eukalyptus, Rose, Zitrone und Gewürznelke würden dazu beitragen, den Geruchssinn Schritt für Schritt wiederherzustellen. Diese Düfte seien besonders geeignet, da sie unterschiedliche Geruchskategorien abdecken und somit diverse Geruchsrezeptoren aktivieren und fördern. Um die Regeneration zu beschleunigen, wird derzeit an mehreren Arzneimitteln und Therapiemethoden gegen Geruchsverlust geforscht. Als äußerst erfolgsversprechend erwies sich bisher ein Therapieansatz, bei dem thrombozytenreiches Plasma aus dem eigenen Blut injiziert wird, um die Heilungsprozesse der Geruchsneuronen voranzutreiben. Dieses Behandlungskonzept wird aktuell noch tiefergehend erforscht.
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