Die Liste der betroffenen Organe bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 ist mittlerweile lang. Und wird nun wieder um einen weiteren Eintrag ergänzt. So zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie, die vom National Instituts of Health (NIH) in Maryland gefördert wurde, dass sowohl die Zellen der Mundschleimhaut als auch die Speicheldrüsen befallen sein können. Orale Symptome, die bisher nicht eindeutig zuordenbar waren, sind wahrscheinlich auf diese Ursache zurückzuführen.
Noch breiter gefächert als angenommen
Nacheinander wurde bekannt, dass das Coronavirus nicht nur die Lunge und die Atemwege befällt, sondern noch andere Bereiche im Körper. Mittlerweile wird die Infektion als Multiorgankrankheit eingestuft, da je nach Verlauf zumeist mehrere Organe mit dem Virus befallen sind. Eines der bekanntesten Symptome ist unter anderem der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns, der eine Beteiligung des Mund- und Rachenraums vermuten ließ. Genau dieser Annahme sind amerikanische Forscher auf den Grund gegangen und haben dabei noch herausgefunden, dass über den Speichel eine weitere Übertragung der Infektion auf Lunge und Magen erfolgen kann.
Eintrittsproteine zahlreich vorhanden
Für die Studie wurde das Mundgewebe von gesunden Menschen analysiert, um mögliche Anfälligkeiten in Bereichen des Mundraums aufzudecken. Dabei spielt das Vorkommen von Eintrittsproteinen eine große Rolle, die das Virus für eine Infektion benötigt. Dazu zählt etwa der ACE2-Rezeptor und das TMPRSS2-Enzym, die beide letztendlich in Zellen des Mundraums nachgewiesen werden konnten. Vor allem in Zellen, die den Mundraum auskleiden, des Zahnfleischs und der Speicheldrüsen scheinen potenzielle Eintrittspforten für SARS-CoV-2 zu sein. Diese Erkenntnis könnte nun zu neuen Strategien zur Reduzierung der Übertragung innerhalb und außerhalb des Körpers liefern, sind sich die Forscher sicher.
Virus kopiert sich bereits im Mundraum
Zusätzlich kommen die genannten Eintrittsproteine in manchen Zellen sogar gemeinsam vor. Das spricht nicht nur für eine höhere Verwundbarkeit im Mundraum, auch kann sich der Erreger leichter kopieren sowie mehr und mehr ausbrechen: „In Proben, die am NIH von verstorbenen COVID-19-Patienten gesammelt wurden, war SARS-CoV-2-RNA in etwas mehr als der Hälfte der untersuchten Speicheldrüsen vorhanden“, bestätigt zudem das Forscherteam in der Mitteilung des NIH. Damit wird der Übertragungsweg der Infektion über den Speichel immer wahrscheinlicher, wie in Folge ebenfalls die Versuche im Labor zeigten. Dort konnten gesunde Zellen mithilfe von Speichel infizierter Patienten erfolgreich angesteckt werden.
Neue Untersuchungswege notwendig
Diese Erkenntnisse führen zukünftig sicherlich zu einem erhöhten Fokus auf die bisher eher vernachlässigte Region des Mundraums, geht es nach den Forschern aus Maryland. Denn die Übertragungsmöglichkeit auf weitere Organe, wie Lunge und Magen dürfe nicht unterschätzt werden: „Wenn infizierter Speichel geschluckt wird oder winzige Partikel davon eingeatmet werden, könnte SARS-CoV-2 weiter in den Rachen, in die Lunge oder sogar in den Darm übertragen werden“, ergänzt Studienautor Kevin M. Byrd. Erwartet werden neue Untersuchungsmöglichkeiten, die zu einem besseren Verständnis des Infektions- und Krankheitsverlaufs führen sollen.
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