Bisher war es Ärzten strengstens untersagt ihren Patienten Suizidhilfe zu leisten, auch wenn diese ihr Leben nicht mehr als lebenswert betrachteten. Doch von nun an steht es behandelnden Ärzten zu, ihre Patienten auf dem Weg des Sterbens zu begleiten. Die bundesweite Gesetzesänderung wurde im Zuge des Deutschen Ärztetags durch das Ärzteparlament veranlasst.
Verbot war verfassungswidrig
Anlass für diese Gesetzesänderung gab das Bundesverfassungsgericht bereits im Februar letzten Jahres, als ein Urteil gegen einen Fall der Förderung des Suizids aufgehoben wurde. Das Ärzteparlament argumentierte: „Das Verbot kann in seiner bisherigen Fassung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht aufrechterhalten werden”. Daher wurde das Gesetz kürzlich im Zuge des deutschlandweiten 124. Ärztetags, welcher vom 4. bis 5. Mai 2021 über eine Online-Plattform stattfand, aufgehoben.
Aus Muster-Berufsordnung gestrichen
Die ärztliche Berufsordnung umfasst berufsrechtliche sowie ärztliche Grundlagen, an welche sich die Praktizierenden dieser Berufsgruppe zu halten haben. Damit soll eine landesweit durchgängige Einhaltung der beruflichen Pflichten gesichert werden. Diese Ordnung erstellt die Ärztekammer des jeweiligen Landes individuell auf Basis der (Muster-)Berufsordnung. In jener war im Paragraph 16, Absatz 3 bisher folgender Satz festgeschrieben: „Sie (Ärztinnen und Ärzte) dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten“. Da dieser ab sofort nicht mehr in der Verordnung enthalten ist, können Ärzte individuell und nach eigenem Gewissen entscheiden, in welchen Fällen sie Suizidhilfe leisten.
Trotzdem keine Normalisierung der Suizidhilfe
Allerdings haben sich Ärzte auch an ihre grundsätzliche Aufgabe „das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken” zu halten. Daher betont das Ärzteparlament, dass Sterbehilfe auch künftig keinesfalls zum üblichen Tätigkeitsbereich eines Arztes gehören wird. Denn das ärztliche Handeln ist immerhin von einer lebens- und gesundheitsorientierten Zielrichtung geprägt.
Gesetzlicher Widerspruch als Auslöser
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts erklärten den Strafrechtsparagrafen zur geschäftsmäßigen Förderung von Selbsttötung bereits im Februar 2020 als widersprüchlich gegenüber dem Grundgesetz. Begründet wurde damit, dass dieses Verbot das Recht auf eigenständig bestimmtes Sterben, sowie die damit verbundene Inanspruchnahme der Hilfe durch Dritte, unterbinde. Damit greife der Paragraf 217 in das Persönlichkeitsrecht der eigenen Autonomie ein und wurde aus diesem Grund für nichtig erklärt. Das Gericht war der Meinung die Chance zur begleiteten Selbsttötung dürfe keinesfalls nur dann möglich sein, wenn behandelnde Ärzte das Gesetz missachten. Aus diesem Grund sei es nun möglich geschäftsmäßige Angebote der Suizidhilfe in Anspruch zu nehmen.
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