Kürzlich wurde ein neuer Anti-Aging-Wirkstoff in Fadenwürmern entdeckt. Die kleinen Tierchen, auch unter der Bezeichnung „Nematoden“ bekannt, sind eine der am besten erforschten Lebewesen überhaupt. Jedes einzelne ihrer Gene ist identifiziert und jede Zelle biologisch dokumentiert, sodass es anhand dieser Daten einer Gruppe von Forschern gelingen konnte den genetischen Mechanismus hinter dem Alterungsprozess zu dekodieren. Mithilfe von Genmanipulation konnte die Lebensdauer er Würmer verzehnfacht werden. Während weiterer Experimente wurden zudem Wirkstoffe gefunden, die auch das menschliche Leben potenziell um rund 30 Prozent verlängern können.
Das Anti-Aging-Projekt
Die Forschungsarbeit fand im Rahmen einer Zusammenarbeit von russischen und amerikanischen Wissenschaftlern des Moskauer Instituts für Physik und Technologie (MIPT) und der Universität von Arkansas für medizinische Wissenschaften (UAMS) statt. Dabei stießen die Forscher auf einige Wirkstoffe in Fadenwürmern, die im Stande sein sollen, den Alterungsprozess beim Menschen hinauszuzögern. Die erstaunlichen Studienergebnisse erschienen kürzlich im Fachjournal „Scientific Reports“.
Mit Fadenwürmern zu ewiger Jugend?
Das russisch-amerikanische Studienteam stieß auf ein Gen in dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans, welches für die Steuerung des Alterungsprozesses verantwortlich ist. Die Lebensspanne der Tiere ist zum Teil von genau diesem Gen determiniert und beträgt zwischen 15 und 25 Tage. Anhand von gezielter Mutation des Gens konnten die Forscher die Lebensdauer des Wurms um 1000 Prozent erhöhen.
Die Wissenschaftler vermuten, dass sich eine Lebensverlängerung auch beim Menschen erreichen lässt. Daher untersuchten sie insgesamt 1309 zugelassene Medikamente. In zehn davon fanden sie passende Wirkstoffe, die das Alterungsgen auf die gewünschte Art beeinflussen. Die Experimente mit den Fadenwürmern haben gezeigt, dass das Leben der Nematoden mit den entdeckten Arzneimitteln verlängert werden konnte. Mit der effektivsten gefundenen Wirkstoffkombination konnte ihre Lebensspanne um 30 Prozent verlängert werden.
Verfügbarkeit für den Menschen
Die Studie konnte belegen, dass der Alterungsprozess von Nematoden zum Teil prädestiniert ist und durch gewisse Maßnahmen angepasst werden kann. Ob vergleichbare Ergebnisse auch bei mehrzelligen Organismen wie dem Menschen erreicht werden können, ist bisher unklar. Das Forschungsteam ist jedoch optimistisch.
Die lebensverlängernden Wirkstoffe stammen alle aus bereits zugelassenen Medikamenten. Dazu zählten Anisomycin (Einsatz gegen Bakterien und Protozoen), Alsterpaullone (Einsatz zur Beeinflussung von Zellwachstum und -teilung), Azacitidin (Einsatz zur Behandlung von myelodysplastischen Syndromen und Leukämien) und Metamizol (Einsatz gegen Fieber, Krämpfe und Schmerzen). Den Wissenschaftlern zufolge haben diese daher bereits alle nötigen klinischen Studien bestanden – einer raschen Verfügbarkeit dürfte somit nichts widersprechen. Sie können bereits jetzt Off-Label verwendet werden, also außerhalb des zugelassenen Gebrauchs verordnet werden. Ob die lebensverlängernde Wirkung beim Menschen jedoch auch wirklich eintritt, muss erst durch weitere Forschungsarbeiten überprüft werden.
Meilenstein in der Altersforschung
Die Studie hat diverse Effekte auf die Altersforschung generell und die stetig zunehmende Langlebigkeitsindustrie, denn die Wissenschaftler konnten nicht nur zeigen, dass Alterung therapierbar ist, sondern auch dass der Prozess ohne eine Genmanipulation hinausgezögert werden kann. Darüber hinaus bietet die Genexpressionsanalyse einen Beweis für die Ähnlichkeit des genetischen Alterungsprofils aller Lebewesen. Diese Erkenntnis ist für Tiere und Menschen von großer Bedeutung.
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