Weltweit zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt auf vielfältige Weise, wie etwa durch die Zunahme an Wetterextremen oder die spürbaren Folgen des Meeresspiegelanstiegs. Forscher weisen nun darauf hin, dass der Klimawandel auch für viele Heilpflanzen gravierende Konsequenzen haben könnte.
Große Bedeutung für die medizinische Versorgung
Arzneipflanzen haben auf der ganzen Welt eine wesentliche Bedeutung für die Gesunderhaltung der Bevölkerung. Insbesondere Regionen, in denen eine moderne medizinische Versorgung nach westlichem Standard kaum vorhanden oder unzureichend ist, sind auf natürliche Arzneien auf Pflanzenbasis besonders angewiesen. In zahlreichen Entwicklungsländern sind Heilpflanzen sogar die Hauptmedikamente für bis zu 95 Prozent der Einwohner. Aber auch in den Industrienationen mit moderner medizinischer Versorgung vertrauen immer mehr Menschen auf Arzneimittel mit pflanzlichen Wirkstoffen. Entsprechend groß ist der Bedarf an Heilpflanzen: Jedes Jahr werden weltweit aus Pflanzen gewonnene Inhaltsstoffe für medizinische Zwecke im Wert von geschätzt 33 Milliarden US-Dollar exportiert.
Forscher warnen vor den Folgen von Überernten und Klimawandel
Ein Team mit Wissenschaftlern aus den USA, Europa, Südafrika und Australien analysierte jüngst die möglichen Folgen eines sich verändernden Klimas für die Heilpflanzen. Ihre Erkenntnisse wurden in dem Artikel „Scientists‘ Warning on Climate Change and Medicinal Plants“ (Applequist et al., 2019) veröffentlicht. Darin warnen die Forscher, dass zum einen der Bestand vieler Heilpflanzen bereits durch einen nicht ausreichend nachhaltigen Anbau mit Überernten gefährdet wird. Doch könnte ein ungebremster Klimawandel die Situation noch deutlich verschärfen und einige Arzneipflanzen sogar vom Aussterben bedrohen. Zumindest einzelne Pflanzenpopulationen könnten für immer verschwinden, wenn dieser Entwicklung nicht gegengesteuert wird.
Steigende Temperaturen und Wetterextreme setzen den Heilpflanzen zu
Die globale Erwärmung sorgt für steigende Temperaturen und führt zu zunehmender Trockenheit und teils extremen Dürreperioden in vielen Teilen der Erde. Ganze Ernteausfälle bei Nahrungspflanzen sind schon jetzt immer häufiger die Folge, doch auch Heilpflanzen werden durch Dürre und Trockenheit bedroht. Andernorts gefährdet etwa anhaltender, extremer Starkregen den Bestand vieler Pflanzen. Die Veränderungen des Klimas begünstigen oft auch die Zunahme von Schädlingen und Krankheitserregern, welche die Heilpflanzen verstärkt befallen und ihre Population gefährden.
Negativer Einfluss auf die therapeutische Wirksamkeit möglich
Ein weiterer Aspekt ist der mögliche Einfluss des Klimawandels auf die Wirkstoffe verschiedener Heilpflanzen. Veränderte klimatische Bedingungen könnten regelrechten Stress bei den Pflanzen hervorrufen, welcher Veränderungen im Muster der sekundären Stoffwechselprodukte zu Folge haben könnte. Diese bilden die therapeutisch wirksamen Bestandteile einer Arzneipflanze. Solche Störungen könnten die Qualität der Pflanzen und somit der daraus hergestellten Medikamente erheblich beeinträchtigen. Somit könnte sich die medizinische Wirkung einer Heilpflanze ändern und eventuell sogar ganz verloren gehen.
Entschlossenes Handeln ist gefragt
Die Wissenschaftler um Dr. Wendy L. Applequist, der Erstautorin des Forschungsartikels, empfehlen ein umgehendes und entschlossenes Handeln, damit auch in Zukunft die Verfügbarkeit wichtiger Heilpflanzen gesichert bleibt. Dabei sollte das Augenmerk besonders auf den lokalen Anbau von Arzneipflanzen geworfen und für Nachhaltigkeit bei der Ernte gesorgt werden. Gehandelte Heilpflanzen und ihre Bestandteile könnten entsprechend zertifiziert werden. Heilpflanzen sollten etwa verstärkt in Gemeinschaftsgärten angebaut und Bauern in der nachhaltigen Bewirtschaftung der Anbauflächen und der Kontrolle der Pflanzenqualität geschult werden. Des weiteren wird empfohlen, eine standortunabhängige Saatgutbank für Arzneipflanzen anzulegen.
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