Laut Studien des Robert Koch-Instituts (RKI) konsumieren durchschnittlich etwa 15 Prozent der in Deutschland lebenden Erwachsenen Alkohol in riskanten Mengen. Ein solches Trinkverhalten kann sogar mehr als 200 Krankheiten mitverursachen. Knapp 25 Prozent der Frauen und 43 Prozent der Männer betreiben außerdem mindestens einmal im Monat sogenanntes Rauschtrinken – ein riskantes Trinkmuster, das vor allem akute Schäden durch Verletzungen oder Gewalt mit sich ziehen kann. Während allgemein bekannt ist, dass sich Alkoholkonsum schon bei geringen Mengen negativ auf den Körper auswirkt, sind die psychischen Folgen nicht minder bedrohlich. Positive Effekte der Enthaltsamkeit rücken nun erneut in den Vordergrund.
Wirkmechanismus der psychoaktiven Substanz
Ein Teil des getrunkenen Alkohols wird bereits über die Schleimhäute im Mund aufgenommen. Nachdem der Magen passiert wurde, findet die hauptsächliche Aufnahme aber im Dünndarm statt. Die Blutalkoholkonzentration wird dabei in Promille angegeben und erreicht ihren Höchstwert etwa 30 Minuten bis eine Stunde nach dem Konsum. Sofern dieser gestoppt wird, erfolgt ein Abbau des Alkohols vor allem über die Leber. Alkohol zählt obendrein zu den psychoaktiven Substanzen, kann damit die Blut-Hirn-Schranke überwinden und wirkt so dämpfend auf das zentrale Nervensystem. Denkprozesse laufen deshalb langsamer ab – der Alkohol steigt einem wortwörtlich zu Kopf.
Blutalkoholkonzentration und ihre Folgen
Während man sich bei einem Blutalkoholgehalt unter ein Promille gegebenenfalls entspannt oder enthemmt fühlen kann, kommt es im sogenannten Rauschstadium (ein bis zwei Promille) mitunter bereits zu Orientierungsschwierigkeiten und einer Einschränkung der Urteilskraft. Im Betäubungsstadium (zwei bis drei Promille) besteht das Risiko einer Muskelerschlaffung und unter Sprachstörungen und Verwirrtheit zu leiden – Gedächtnislücken sind hierbei nicht selten. Bei drei bis fünf Promille, dem sogennanten Lähmungsstadium, sind im schlimmsten Fall Atemstillstand und Tod die möglichen Folgen.
Schlecht kalkulierbares Risiko
Die Höhe der Alkoholkonzentration im Blut hängt aber nicht nur von der konsumierten Menge, sondern auch vom Geschlecht ab. Im Vergleich zu Männern besitzen Frauen zehn Prozent weniger Körperflüssigkeit und eine geringere Menge des Enzyms, das für den Abbau von Alkohol zuständig ist. Die Substanz kann sich also schlechter verteilen und wird langsamer abgebaut. Neben diesen und weiteren Parametern – wie beispielsweise Alter, Mageninhalt und Konsumverhalten – spielen auch biopsychosoziale Faktoren eine Rolle. Dazu gehören innere und äußere Umstände, etwa das persönliche Wohlbefinden an gegebenem Tag – aber in welcher Gesellschaft man sich befindet ist demnach ebenso entscheidend.
Mythen und Fakten
Acetaldehyd, das zu den ersten Abbauprodukten des Alkohols gehört, entsteht in der Leber und birgt dabei größere Gefahren als Alkohol selbst. Die Leber reagiert auf dieses Gift, indem diese Fett einlagert und sich vergrößert. Die Folge ist eine Fettleber, zu der es bereits bei einem langfristigen täglichen Konsum reinen Alkohols von mehr als 15 Gramm bei Frauen bzw. mehr als 30 Gramm bei Männern kommen kann. Hingegen hat sich der Mythos, dass jeder Rausch ungefähr 10.000 Gehirnzellen kostet, bis heute nicht bewahrheitet. Die Aussetzer in Motorik, Sprache und Denkvermögen sind in aller erster Linie auf eine verlangsamte Reizweiterleitung zwischen unseren Nervenzellen zurückzuführen. Dennoch ist Alkohol ein Zellgift und kann bei regelmäßigem Konsum Hirnschäden verursachen. Diese können sich in Form von Charakterveränderungen, Konzentrationsschwierigkeiten und eingeschränktem Erinnerungsvermögen bemerkbar machen.
Zunehmende Lebensqualität durch Verzicht
Die Chefärztin an der Betty-Ford-Klinik in Bad Brückenau, Jarmila Mahlstein, betont, dass die Leber bei Alkoholverzicht unverzüglich beginnt, eingelagerte Fette wieder abzubauen. Triglyceride reduzieren sich bereits nach einigen Tagen, Cholesterine benötigen etwas länger. Summa summarum erholt sich die Leber aber sehr schnell. Daten, die während der Kampagne „Dry January“ in Großbritannien, Frankreich und der Schweiz gesammelt wurden, deuten eindeutig daraufhin, dass Personen nach einmonatiger Abstinenz über einen besseren Schlaf und somit auch über eine bessere Konzentrationsfähigkeit verfügen.
Darüber hinaus konnten diese ihr zukünftiges Trinkverhalten besser kontrollieren, hatten ein besseres Hautbild und weniger Gewicht – denn Alkohol ist eine nicht zu unterschätzende Kalorienbombe. Nach einem Jahr Abstinenz können sogar schwere, durch Alkohol bedingte Leberschäden geheilt werden und der Stoffwechsel beginnt wieder schneller abzulaufen. „Auch wenn Alkohol bei uns in vielen gesellschaftlichen Situationen ‚dazu‘ gehört, bedeutet der Verzicht keinen Verlust an Lebensqualität“, fügt Dr. Mahlstein abschließend hinzu.
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