Bisher war schon bekannt, dass Risikofaktoren wie Diabetes in Kombination mit Übergewicht sowie Adipositas sich begünstigend auf einen schweren Verlauf bei Covid-19 auswirken können. Aber nicht nur in dieser Hinsicht scheint sich ein Nachteil für diese Personengruppe zu ergeben: Auch bezüglich des Impfschutzes gegenüber SARS-CoV-2 schneiden Normal- und Untergewichtige eindeutig besser ab als Personen mit einem höheren Body-Mass-Index (BMI). Dies zeigt eine aktuelle Studie aus Italien.
Wachsendes Problem
Ein ungesunder Lebensstil, jederzeit verfügbare Mahlzeiten in Form von „Fast Food“ und Lieferdiensten sowie die dauerhaft sitzende Haltung bei der Arbeit: Diese Dinge können alle dazu beitragen, dass kontinuierlich an Gewicht zugenommen wird. Vor allem, wenn während der Pandemiezeit Beschränkungen im Bereich der Mobilität gelten, fehlt einigen Menschen die nötige Bewegung, um ihren Kalorienhaushalt in Balance zu halten. Die Folge sind weiter steigende Zahlen bei Übergewichtigen, die schon in den letzten Jahren mehr und mehr zugenommen haben, wie das Robert-Koch-Institut bereits im Jahr 2014 feststellte. Dies erhöht aber nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ-2, sondern scheint auch mit einem schlechteren Impfschutz einherzugehen, da mit zunehmendem BMI die Zahl der gebildeten Antikörper nach der Impfung sinkt. Aber auch durch andere Faktoren unterschied sich die Anzahl der gebildeten Antikörper, die mithilfe des sogenannten Titers gemessen werden, im Vergleich mit Normalgewichtigen.
Impfstoff wirkt bei jeder Person unterschiedlich
Für die italienische Studie wurden insgesamt 248 Mitarbeiter des Gesundheitswesen untersucht, die alle mit dem Biontech-Präparat geimpft wurden. Bei der Zulassung selbst erzielte der Impfstoff eine Wirksamkeit von 95 Prozent. Laut Hersteller bestehen dabei Unterschiede in den jeweiligen Altersgruppen, was bei der aktuellen Studie näher analysiert wurde. Ebenso der Umstand, dass bei adipösen Patienten eigentlich derselbe Schutz vorhanden sein sollte wie bei normalgewichtigen. Beim Vergleich der Antikörperzahl nach Gabe der zweiten Impfdosis zeigten sich jedoch eindeutige Unterschiede hinsichtlich Alter, Geschlecht und Körpergewicht. Das lässt weitere Vermutungen offen, ob andere Impfstoffe ebenfalls unterschiedliche Wirkweisen in Abhängigkeit zu der jeweiligen Patientensituation besitzen könnten.
Jüngere Frauen klar im Vorteil
Vergleicht man das Geschlecht der einzelnen Teilnehmer, zeigt sich besonders bei Frauen ein signifikanter Unterschied in der Antikörperbildung: Während ihr Durchschnittswert bei 338,5 AU/ml (willkürliche Einheiten pro Milliliter) lag, erreichten Männer nur 212,6 AU/ml. Hinsichtlich des Alters fand sich in den Blutproben der jüngeren Angestellten im Alter unter 37 Jahren der höchste Titer mit 453,5 AU/ml. Mit zunehmendem Alter fällt dieser stetig ab, was sich bei der Gruppe im Alter von 37 und 47 Jahren mit einem Wert von 330,9 AU/ml bestätigte. Bei den 47- bis 56-jährigen zeigte sich dieselbe Tendenz mit 239,8 AU/ml. Den schlechtesten Wert wiesen Personen über 56 Jahren mit durchschnittlich 182,4 AU/ml im Blut auf.
Zusätzliche Risikofaktoren: Übergewicht und Adipositas
Ein zusätzlicher Risikofaktor zeigte sich sodann durch Übergewicht und Adipositas, welches mit steigendem BMI einen immer schlechter werdenden Impfschutz verursacht. Untergewichtige mit einem BMI unter 18,5 kg/m² hatten sogar den besten Antikörperwert mit 455,4 AU/ml. Normalgewichtige, deren BMI im Bereich zwischen 18,5 und 24,9 lag, erreichten 325,8 AU/ml – Übergewichtige (BMI 25 bis 29,9) hingegen nur noch 222,4 AU/ml. Den schlechtesten Wert zeigten adipöse Studienteilnehmer mit einem BMI-Wert über 30, die mit 167,0 AU/ml die geringste Anzahl bei den Blutproben aufwiesen. Statistisch gesehen besitzt damit eine männliche und übergewichtige Person höheren Alters den schlechtesten Impfschutz.
Schutz vor Infektion fraglich
Die festgestellten Antikörperwerte der Geimpften könnten aber trotzdem ausreichen, um vor einer Infektion zu schützen. Denn der Titer muss laut Hersteller lediglich einen Wert von über 80 AU/ml erreichen, damit ein Schutz gegen SARS-CoV-2 gewährleistet werden kann. Ein Restrisiko besteht aber immer, vor allem wenn nun neue Faktoren abhängig von Geschlecht, Alter und Körpergewicht hinzukommen, die die Infektionswahrscheinlichkeit erhöhen können. Vorgeschlagen wird von den Studienautoren daher eine dritte Impfung, vor allem bei adipösen Menschen. Zuerst seien aber weitere Studien notwendig, um gesicherte Erkenntnisse zu erhalten, gestehen sich die Autoren in der Publikation ein.
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