Bei dem Krankheitsbild „Fettleber“ wird meist rasch an einen zu hohen Alkoholkonsum gedacht, doch sie kann auch aus anderen Gründen entstehen. Wissenschaftler haben kürzlich eine der Hauptursachen einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) in der Genetik entdeckt.
Krankheitsbild Fettleber
Laut der Deutschen Leberstiftung verfügt etwa ein Drittel der Erwachsenen über eine durch Fetteinlagerungen vergrößerte Leber – Tendenz steigend. Unterschieden wird dabei zwischen einer alkoholischen Fettleber (AFL) und einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL). Zu den Auslösern gehören neben ungesunder Ernährung, zu wenig Bewegung, Übergewicht und zu viel Alkohol oft auch eine Diabeteserkrankung. Meist sind es mehrere Faktoren, die letztendlich zu einer Fettleber führen. Nun haben Forscher jedoch eine neue Hauptursache identifiziert.
18 Millionen Deutsche sind betroffen
Einer neuen Mitteilung des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) zufolge gibt es allein in Deutschland ungefähr 18 Millionen Menschen mit einer nicht-alkoholischen Fettleber. Neben Umweltbedingungen gibt es auch genetische Faktoren, die die Entstehung der Krankheit begünstigen. Forscher des DZD sind nun auf neue Gene gestoßen, die an der Entstehung einer Fettleber mitwirken. Die revolutionären Erkenntnisse wurden kürzlich in dem englischsprachigen Fachblatt „Journal of Hepatology“ vorgestellt.
Diese Gene sind mitverantwortlich
Die Gene IRGM, Ifgga2 und Ifgga4 sind bei Menschen beziehungsweise bei Mäusen für die Herstellung regulatorischer Proteine der immun-assoziierten GTPasen zuständig. Diese sind dafür verantwortlich Fetteinlagerungen in der Leber zu verhindern. Eine genetische Mutation führt jedoch zu einer Hemmung der Bildung dieser Proteine.
Lebensstil und Veranlagung sind schuld
Dem DZD zufolge ist die nicht-alkoholische Fettleber in Europa und den USA der häufigste Auslöser von chronischen Leberleiden. Allein in Europa sind zwischen 20 und 30 Prozent der Bevölkerung davon betroffen.
Eine nicht-alkoholische Fettleber geht oftmals mit vielen weiteren Erkrankungen einher, darunter Adipositas (Fettleibigkeit), Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), Typ-2-Diabetes und Störungen des Fettstoffwechsels (Dyslipidämie).
Abgesehen von einer ungesunden Ernährung reich an Zucker und Fett, sowie Bewegungsmangel, tragen auch die Gene zur Entwicklung einer nicht-alkoholischen Fettleber bei. Bei der NAFDL handelt es sich jedoch um ein komplexes Krankheitsbild, für das nicht ein bestimmtes Gen verantwortlich ist. Stattdessen sind es vielmehr das Zusammenspiel diverser Gene und epigenetische Faktoren, die gemeinsam die Erkrankung verursachen. Das Forschungsteam ist aber auf eine neue Genfamilie gestoßen, die offenbar eine wesentliche Rolle bei der Vorbeugung einer Fettleber spielt.
Neu entdeckte Gene verhindern Fettleberentstehung
Die gefundene Genfamilie ist für die Herstellung regulatorischer Proteine der immun-assoziierten GTPasen verantwortlich, die Fetteinlagerungen in der Leber vermeiden. Gibt es allerdings genetische Veränderungen, werden weniger Proteine produziert. Laut einer Studie des Deutschen Institutss für Ernährungsforschung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Diabetes-Zentrum und dem Helmholtz Zentrum München verfügt die Leber von NAFLD-Patienten und Versuchsmäusen mit der Erkrankung über signifikant geringere Mengen der Proteine.
Laut den Informationen können mit molekularen Markern und statistischen Methoden (QTL – Analyse, Quantitative Trait Locus) in Mausstämmen Gene ausfindig gemacht werden, welche die komplexe Erkrankung auslösen. Auf diese Weise fand die Forschungsgruppe ein Areal auf dem Mauschromosom 18, das mit abweichenden Fettmengen der Leber in Zusammenhang gebracht wurde. Wenn die Gene Ifgga2 und Ifgga4 abgelesen werden, werden Proteine der Familie der immun-assoziierten GTPasen gebildet (in der Maus die Proteine IFGGA2 und IFGGA4, im Menschen das Protein IRGM). Experten zufolge fördern diese Proteine eine bestimmte Art des Fettabbaus und beugen somit einer Fettleber vor.
Fehlende Proteine sorgen für Fettansammlung
Bei Menschen und Mäusen mit einer geringen genetischen Veränderung werden die Gene jedoch deutlich weniger abgelesen. Fehlt lediglich eine Base mit einer Gensequenz, so wird verstärkt ein Gen abgelesen, das die Proteine IFGGA2 und IFGGA4 bei Mäusen kaum noch herstellt. Diese sind laut Professorin Annete Schürmann, Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie am DIfE und Sprecherin des DZD, somit empfänglich für die Entstehung einer Fettleber. Auch Patienten, die bereits an einer NAFLD leiden, weisen signifikant geringere Mengen des entsprechenden menschlichen Proteins IRGM auf. Der Fettgehalt in der Leber kann sich dadurch verdreifachen oder sogar vervierfachen.
Hier bekommen Sie wertvolle Infos zur Diagnose und Therapie einer Fettleber:
Studiendetails
Funktionelle Studien sollen bereits dargelegt haben, dass eine vermehrte Produktion von immun-assoziierten GTPasen in der Leberzellen oder der Leber von Mäusen deren Fettmenge signifikant verringerte. Dafür verantwortlich ist die Induktion einer speziellen Form der Autophagie, welche speziell für den Fettabbau zuständig ist. Aus diesem Grund wird sie Studienleiter Dr. Wenke Jonas zufolge als Lipophagie bezeichnet.
Bei Autophagie handelt es sich um eine Art zelluläre Entsorgungs-/Recyclingverfahren, durch welchen zelleigene Komponenten abgebaut werden. Das Forschungsteam fand heraus, dass sich die immun-assoziierten GTPasen nach der Aufnahme von Fettsäuren in die Leberzellen zu den Fetttropfen bewegen. Dort angekommen binden sie sich an Adipozyten-Triglycerid-Lipase, ein Enzym des Fettabbaus, und stellen sicher, dass ein zentrales Protein der Autophagie (LC3B) an den Fetttropfen knüpft. Die Autophagie von Lipidtröpfchen sorgt somit dafür, dass die Fettmenge verringert und eine Fettleber vermieden wird.
Dass die immun-assoziierten GTPasen den Fettanteil in der Leber steuern, wurde auch daran ersichtlich, dass die Mäuse mehr Fett in den Leberzellen einlagerten, wenn die Synthese der Proteine eingeschränkt wurde. Dies konnte auch umgekehrt beobachtet werden: Eine Steigerung der Proteinproduktion ging mit einer deutlich niedrigeren Fettmenge einher.
Präventions- und Therapiemaßnahmen
Die Untersuchung konnte weitere bedeutsame Gene ausmachen, die eine Fettleber verursachen können. Darüber hinaus lieferte sie einen wertvollen Beitrag zur Forschung über die Stimulation zellulärer Prozesse, die einer Fettleber vorbeugen.
Im nächsten Schritt gilt es nun herauszufinden welche gezielten Maßnahmen ergriffen werden können, um die Menge der immun-assoziierten GTPasen zu erhöhen und auf diese Weise die Fetteinlagerung in der Leber zu verhindern bzw. zu reduzieren. Ob dies mithilfe von Diäten oder speziellen Arzneimitteln möglich ist, werden zukünftige Forschungsarbeiten zeigen.
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