Ist Ihr Gehirn wirklich mit 20 am leistungsstärksten und danach geht es nur noch bergab? Obwohl das bisherige Untersuchungen ergeben haben, spricht eine neue Studie mit über einer Million TeilnehmerInnen eine andere Sprache: Erst ab einem Alter von 60 Jahren soll die gedankliche Leistungsfähigkeit signifikant abnehmen.
Eine Trendwende beim Altern
Trotz der Wunder der modernen Medizin, die uns ein weitaus längeres Leben ermöglicht als noch vor Hundert Jahren, ist gemeinhin bekannt, dass der menschliche Körper mit der Zeit weniger leistungsfähig wird. Weniger bekannt ist, dass auch das Gehirn bereits früh beginnt, langsamer zu werden. Bisherige Untersuchungen haben ergeben, dass ab einem Höhepunkt mit 20 Jahren das Gehirn immer langsamer wird. Eine neue großangelegte Studie zeigte nun jedoch, dass das Gehirn weitaus länger als bisher gedacht schnell und leistungsfähig bleibt – nämlich bis zu einem Alter von rund 60 Jahren. Die ForscherInnen verwendeten dafür Daten von über einer Million TeilnehmerInnen zwischen zehn und 80 Jahren, die von einem Projekt der US-amerikanischen Harvard University stammen. Ihre Studie erschien im Journal „Nature Human Behaviour“ und könnte eine Trendwende für die Bedeutung des Alterns einleiten.
Ältere Personen wägen genauer ab
Die Analyse ergab zwar ebenfalls, dass die Geschwindigkeit der Gedanken ab dem jungen Alter von 20 Jahren bereits abnimmt, allerdings führten die ForscherInnen der Studie das vor allem auf eines zurück: die erhöhte Vorsicht, die mit dem Alter einhergeht. So seien ältere Personen bedachter mit ihren Antworten und wägen genau ab, was sie sagen – weitaus mehr als die jüngeren TeilnehmerInnen. Die scheinbare Verlangsamung der Gedankengänge hat laut den AutorInnen also mehr mit Vorsicht und Sorgfalt, auch wirklich die richtige Antwort zu geben, zu tun, als mit dem Altern des Gehirns. Autor Mischa von Krause meint: „Unsere Ergebnisse sind ermutigend, da sie zeigen, dass die mentale Geschwindigkeit bei schnellen Entscheidungen im Durchschnitt erst weit später im Leben abnimmt.“
30 ist das neue 20
Ziel des Harvard-Projekts war es eigentlich, TeilnehmerInnen auf ihre jeweiligen Vorurteile aufmerksam zu machen, die sie z.B. bezüglich des Geschlechts oder der Ethnie anderer hegen. Mittels der Analyse von Mustern bei der Beantwortung wollten von Krause und die anderen ForscherInnen mehr über die Reaktionsschnelligkeit und mentale Leistungsfähigkeit in Erfahrung bringen. Basierend auf diesen Mustern argumentieren die AutorInnen der Studie, dass die 20-jährigen TeilnehmerInnen am schnellsten antworteten, weil sie eher willens waren, schneller, aber dafür ungenauer zu sein. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass 14- bis 16-Jährige mechanisch am schnellsten waren: Die Zeit zwischen dem Erkennen der Frage und dem Tippen auf der Tastatur war also am kürzesten. Der Höhepunkt der mentalen Geschwindigkeit war bei rund 30 Jahren erreicht, wobei es keinen großen Abfall bis zum Alter von 60 gab. Außerdem verringerten sich mit fortschreitendem Alter auch die Fehler, die TeilnehmerInnen machten.
Was meinen Sie?