Eine breite internationale Forschungsarbeit in Kooperation mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) konnte eine Premiere feiern: Die beteiligten Wissenschaftlern haben es zum ersten Mal geschafft eindeutige Beweise dafür zu ermitteln, dass elf weit verbreitete Viren die Entwicklung von Krebserkrankungen begünstigen. Jeder siebte Tumor soll den Ergebnissen zufolge auf das Konto einer Infektion gehen.
Viele Tumoren werden von Erregern verursacht
Eine Gruppe von Forschern aus aller Welt nahm kürzlich die erste umfassende Studie vor, welche die Rolle diverser weit verbreiteter Viren bei der Entwicklung von Krebs belegen konnte. Unter der Leitung des DKFZ wurden elf Viren identifiziert, die in direkten Zusammenhang mit Krebserkrankungen gebracht werden konnten. Zu den Erregern zählen unter Anderem Humane Papillomviren (HPV), das Epstein-Barr-Virus (EBV) und einige Arten von Hepatitisviren. Die Untersuchungsergebnisse sind vor Kurzem in dem renommierten Fachblatt „Natur Genetics“ erschienen.
Zusammenhänge zwischen gewissen Infektionskrankheiten und Krebserkrankungen sind bereits seit längerer Zeit geläufig. Das Bakterium Helicobacter pylori im Verdauungstrakt kann beispielsweise Magengeschwüre verursachen, die wiederum das Risiko Magenkrebs zu entwickeln steigern.
Studiendetails
Die Forschungsgruppe setzte sich aus mehr als 1.300 Wissenschaftlern zusammen und suchte in der DNA von über 2.600 Tumorproben mit 38 Krebsarten systematisch nach Verbindungen zwischen häufig vorkommenden Erregern und Tumoren. Zu elf Erregern fanden sie diese schließlich tatsächlich. Somit konnten die Forscher bei mehr als jeder siebten Krebserkrankung einen Zusammenhang zu Infektionen enthüllen.
In 5,5 Prozent der analysierten Tumorproben stießen die Wissenschaftler auf Erbgut von Epstein-Barr-Viren (EBV). Diese Virenart wurde nun mit diversen Krebserkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Lymphome und Tumore im Magen- und Nasen-Rachen-Raum. Laut den Untersuchungsergebnissen existiert auch zwischen Hepatitis-B-Viren und Leberkrebs eine Verbindung: In 62 von 330 Leberkrebsproben wurde DNA von Hepatitis-B-Viren entdeckt. Humane Papillomviren wurden zudem vermehrt mit Gebärmutterhalskrebs in Verbindung gebracht: Bei 19 von 20 Tumorproben wurde DNA der Viren gefunden. Darüber hinaus fördern HP-Viren offenbar ebenfalls die Krebsentwicklung im Hals-Rachen-Raum. Hier wurde die DNA bei 18 von 57 Proben ausfindig gemacht. Auch ein schon lange bekannter Zusammenhang hat sich erneut bestätigt: Retrovieren und Nierenkarzinome plus Cytomegaloviren und Magenkrebs stehen miteinander in Verbindung.
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So kommt es zur Tumorbildung
Im Rahmen der Forschungsarbeit waren die Wissenschaftler in der Lage ein paar Virusarten zu „entlasten“. Adenoviren, welche die Augengrippe auslösen, sowie Baculoviren wirken mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an der Entstehung von Tumoren mit.
Das Forschungsteam konnte zusätzlich einige der Mechanismen identifizieren, mit denen Viren karzinogene Mutationen verursachen: Einige Viren fügen ihr Erbgut in das menschliche Genom ein, sodass es zu virusbedingten Veränderungen kommt. Speziell bei Hepatitis-B- und humanen Papillomviren war dieser Prozess verstärkt festzustellen.
Abgesehen vom Einbau der Viren-DNA entdeckten die Forscher noch einen anderen Mechanismus. Die Körperzelle versucht sich selbst mit APOBEC-Proteinen vor der Virus-DNA zu schützen. Bei dieser zelleigenen Abwehr kommt es allerdings oftmals zu Mutationen des eigenen Genoms. Dies konnte speziell bei Gebärmutterhalskrebs und Tumoren im Hals-Rachen-Raum nach HPV-Infektionen festgestellt werden.
Letztendlich ist festzuhalten, dass weitaus mehr Tumoren Virenspuren in sich tragen als bisher vermutet wurde. Dennoch konnte dem Studienleiter Peter Lichter zufolge nicht bestätigt werden, dass noch andere, bisher unbekannte Viren in Zusammenhang mit Krebs stehen. Es ist nun allerdings klar, wie Erreger zur bösartigen Mutation von Zellen beitragen.
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