Ein im „New England Journal of Medicine“ erschienener Kommentar von US-Forschern sorgt derzeit für Aufruhr: Demnach soll ein Mund-Nasen-Schutz möglicherweise gegen SARS-CoV-2 immun machen. Durch die Barriere der Maske würden weniger Viren nach außen gelangen, Infektionen milder verlaufen, aber die Infizierten aufgrund des Kontaktes mit dem Virus trotzdem eine Immunität erhalten. Sind Masken der Weg zur Herdenimmunität und endlich hinaus aus der Corona-Krise?
Mildere Infektion wegen Maske?
Masken helfen nachweislich, die Verbreitung des Coronavirus durch Tröpfcheninfektion einzudämmen. Man kann dadurch andere Personen vor einer Ansteckung schützen, wenn man selbst infiziert ist, soweit die bekannte Auffassung. Die besagten US-Forscher, darunter Infektiologin Dr. Monica Gandhi, gehen noch weiter: Masken sollen auch den Träger schützen, vorausgesetzt, seine Mitmenschen tragen sie ebenfalls. Denn die virale Dosis, die von einem Infizierten „nach außen“ gelangt, ist natürlich nur wegen der Maske nicht gleich Null – aber dennoch stark verringert. Diese verminderte Virusmenge könne eine Infektion bei einer anderen Person zwar nicht verhindern. Aber, so die Hypothese der Forscher, sie könnte womöglich schwächer oder gar asymptomatisch verlaufen. Dementsprechend könnte das Tragen von Masken nicht nur schwere Fälle von Covid-19 verhindern, sondern auch die Immunisierung der Bevölkerung unterstützen.
Übertragungsrate mit Masken gesenkt
Explizite Beweise für ihre Hypothese liefern die Forschenden in dem Kommentar nicht, sie verweisen darauf, dass weitere Untersuchungen folgen müssen. Allerdings berichten sie, dass vielerorts die Infektionszahlen nach der Einführung einer Maskenpflicht zurückgegangen wären. Die Wirksamkeit von Masken belegen sie auch mit dem Verweis auf eine Hamsterstudie, bei der eine OP-Maske zwischen die Käfige von infizierten und gesunden Tieren gespannt wurde. Tatsächlich war die Übertragungsrate um 60 Prozent geringer als ohne Maske. Auch gebe es in Ländern mit Maskenpflicht mehr asymptomatische Verläufe und weniger schwere Erkrankungen oder Todesfälle, so die Forschenden.
Plausible Annahmen, denen Daten fehlen
Unter ihren Kollegen ist die Theorie der Immunisierung durch Masken aber nicht unumstritten. Die Annahmen seien grundsätzlich plausibel, viele Dinge jedoch schlicht noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. So sei es etwa noch unklar, ob eine geringere Virusdosis tatsächlich mildere Symptome verursacht. Auch unsicher sei, ob man nach einer leichten Infektion ausreichend immun ist, um dauerhaft geschützt zu sein. Und für eine Herdenimmunität müsste das bei etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung der Fall sein. Als „Superwaffe“ in der Corona-Krise und Impfstoff-Alternative ist ein Mund-Nasen-Schutz also eher nicht geeignet – als verlässliche Teilstrategie hingegen sehr wohl.
Maskenpflicht in den USA uneinheitlich
In den USA wird die Regelung zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz sehr uneinheitlich gehandhabt. Einige Staaten haben eine Maskenpflicht eingeführt, in anderen geht es eher locker zu. Infektiologe Julian Schulz zur Wiersch vom Uniklinikum Hamburg meint daher, dass der Bericht auch politisch zu bewerten sei – als Plädoyer und Aufruf zum weiteren Gebrauch von Masken.
WHO: Mund-Nasen-Schutz kann Leben retten
Die WHO sieht das Tragen von Mund-Nasen-Schutz als Teil einer umfassenden Strategie, um „die Übertragung einzudämmen und Leben zu retten“. Diese Maßnahme würde aber als Schutz vor Covid-19 nicht ausreichen; zusätzlich sollte auf Abstandhalten (mind. 1 Meter zu anderen Personen), häufiges Händewaschen und das Vermeiden von Berührungen im Gesicht geachtet werden.
Auch die US-Forscher schreiben letztendlich, dass Masken als „Überbrückung“ der Zeit bis zu einer Impfung sinnvoll sein können.
Wie uns unser Immunsystem vor dem Coronavirus schützt, können Sie mit diesem Video besser verstehen:
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