Eine unspezifische, weitreichende Symptomatik, die den ganzen Körper betreffen kann und Verzweiflung, weil der zehnte Gang zum Arzt noch immer keine Gewissheit liefert – so geht es Menschen, die vom sogenannten Mastzellenaktivierungssyndrom (MCAS) betroffen sind. Das Krankheitsbild ist keine Seltenheit – die meisten wissen nur nichts davon.
Kaum anerkannte Erkrankung
Schätzungen zufolge leiden in etwa 17 Prozent der Bevölkerung am Mastzellenaktivierungssyndrom (MCAS). Bis heute lässt sich kein genau definiertes Krankheitsbild festlegen; es wird nur eine große Bandbreite an Symptomen beschrieben. Erst im Jahr 2016 wurde das Syndrom in den USA als Krankheit klassifiziert, in Deutschland fehlt diese Einordnung noch. Bei dem MCAS handelt es sich um ein chronisches, multisystematisches Erkrankungsbild – das bedeutet, dass verschiedenste Körperbereiche betroffen sind. Außerdem weist das Syndrom allergische und entzündliche Komponenten auf, wodurch die Bildung chronisch-entzündlicher Folgeerkrankungen gefördert wird.
Überreaktion der Mastzellen
Mastzellen sind ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Immunsystems und zählen zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Als Immunzellen erfüllen sie eine Vielfalt an wichtigen Aufgaben, darunter die Abwehr von Infektionen oder Fremdstoffen, die durch die Ausschüttung unterschiedlicher chemischer Botenstoffe gelingt. Um diese wichtigen Funktionen durchzuführen, sind sie in vielen Körpergeweben verbreitet, vor allem in Schleimhäuten, in den Atemwegen, dem Verdauungstrakt und in der Haut.
Durch bestimmte Auslöser setzen die Mastzellen Botenstoffe wie Histamin, Zytokine, Prostaglandine und Leukotriene frei. Das geschieht bei gesunden Menschen zum Beispiel dann, wenn die Mastzellen Viren, Bakterien, Parasiten oder andere Fremdstoffen bemerken. Beim MCAS kommt es zu einer Überreaktion der Mastzellen – es werden also auch jegliche Stoffe angegriffen, die für den Körper ungefährlich sind. Die dadurch vermehrte Ausschüttung von Botenstoffen resultiert in einer Bandbreite an Symptomen, die verschiedenste Körperbereiche betreffen können.
Ein langer, harter Weg
Viele Menschen kämpfen jahrelang mit verschiedensten gesundheitlichen Problemen, doch kein Arztbesuch liefert eine handfeste Diagnose. Die weitreichenden Symptome sorgen für einen großen Leidensdruck, wodurch die Entstehung psychischer Erkrankungen gefördert wird. Ratlose Ärzte erklären dann wiederum diese mentalen Probleme als Ursache für die körperlichen Anzeichen. Zahlreiche Mediziner wissen womöglich nicht über die Häufigkeit und die Bedeutung des MCAS Bescheid. Da sich das Syndrom auf unterschiedliche Art und Weise manifestiert, kann es sehr schwierig sein eine Diagnose zu stellen.
Scheinbar zusammenhangslose Symptome
Die große Herausforderung bei der Diagnose des Mastzellenaktivierungssyndroms besteht darin, dass unterschiedlichste Körperbereiche betroffen sein können. Das führt dazu, dass es Medizinern oftmals schwerfällt einen Zusammenhang zwischen all diesen Symptomen zu erkennen. Häufig treten negative Auswirkungen im Verdauungstrakt, dem Kreislaufsystem und in der Haut auf. Mögliche Beschwerden sind unter anderem:
- Magen-Darm-Probleme: Durchfall, Blähungen, Bauchkrämpfe, Verstopfung oder Übelkeit
- Kreislaufbeschwerden: Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Tachykardie (kurzzeitig schneller Puls)
- Irritationen der Haut: Hautausschläge, Rötungen, Juckreiz oder Nesselsucht
- Kopfschmerzen oder Migräne
- Verstopfte oder laufende Nase
- Allergien
- Asthma oder Atemnot
Zusätzlich entwickeln sich bei Betroffenen psychische Probleme wie Unruhe, Zwangsgedanken, Angststörungen, starke Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme. In den meisten Fällen herrscht eine Kombination verschiedener Symptome vor, welche in Schüben auftreten, die sich mit der Zeit verschlechtern können.
Therapeutische Ansätze für mehr Wohlbefinden
Auslöser meiden, weniger leiden
Obwohl das MCAS bis heute als unheilbar gilt, können die Beschwerden durch eine gute Therapie gelindert werden. Die effektivste Möglichkeit dafür besteht darin die Auslöser der Mastzellenaktivierung zu vermeiden. Das können zum Beispiel bestimmte Lebensmittel oder Zusatzstoffe, Gerüche oder Duftstoffe, zu starke körperliche Anstrengung, psychische Belastung, Hitze oder Kälte sowie gewisse Medikamente sein.
Erfolge durch Histamin-Verzicht
Häufig tritt das Mastzellenaktivierungssyndrom gepaart mit einer Histamin-Intoleranz auf. Da die Mastzellen bereits für eine erhöhte Histaminfreisetzung sorgen, kann mit der Nahrung aufgenommenes Histamin zu zusätzlichen Problemen im Körper führen. Deshalb ist eine weitestgehend histaminarme Ernährung sinnvoll. Ebenso hilfreich kann ein Ernährungstagebuch sein, in dem über mehrere Wochen die genauen Mahlzeiten und damit einhergehende Symptome festgehalten werden. So können individuelle Auslöser für die Krankheitsschübe ermittelt werden.
Hilfe durch Medikamente
Um die Symptome zu lindern, können auch Medikamente wie Antihistaminika oder Leukotrienantagonisten eingesetzt werden. Diese tragen dazu bei die Mastzellen zu stabilisieren und die Ausschüttung von Botenstoffen herabzusetzen.
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