Schmerzen in der Brust, Atemnot, Engegefühl im linken Brustkorb – bei diesen Symptomen sollte unmittelbar ein Notarzt verständigt werden, denn bei einem Herzstillstand zählt jede Minute. Vor allem abseits medizinischer Einrichtungen besteht akute Lebensgefahr: Nur zehn Prozent überleben eine sogenannte Kardioplegie außerhalb eines Krankenhauses. Ein neuer Therapieansatz gibt nun allerdings Grund zur Hoffnung.
Wie kommt es zum Herzstillstand?
Die Ursachen für einen Herzstillstand sind vielfältig: In den meisten Fällen ist er jedoch auf Herzrhythmusstörungen zurückzuführen. Insbesondere das sogenannte Kammerflimmern stellt sich als bedrohlich heraus: Das Herz schlägt so schnell und flach, dass der Körper nicht mehr mit ausreichend Blut versorgt werden kann. Der Sauerstoffmangel beeinträchtigt unmittelbar die Hirnaktivität – Betroffene verlieren innerhalb kürzester Zeit das Bewusstsein und schon Minuten später versagt das Herz. Ein Herzstillstand kann sich jedoch auch als direkte Folge eines Herzinfarktes herausstellen oder durch eine chronische Herzschwäche verursacht werden. Medikamente, Schockzustände, exzessiver Sport, permanenter Stress oder Blutverlust können im schlimmsten Fall ebenfalls in einem Herzstillstand resultieren.
Erfolgreiche Reanimation dank CARL
Um der hohen Sterblichkeit bei Herzstillständen entgegenzuwirken, arbeiteten Forscher der Universität Freiburg in Kooperation mit US-Medizinern an einem neuen Therapiemodell namens CARL (Controlled Automated Reperfusion of the whole Body), welches die Überlebenschancen Betroffener signifikant erhöhen sollte. Um die Therapiemethode effizient umsetzen zu können, entwickelten die Experten eine spezielle Herz-Lungen-Maschine. Diese erwies sich bei einem Notfall bereits als erfolgreich: Nach rund zweistündiger Reanimation überlebte der Betroffene den Herzstillstand ohne Gehirnschäden.
Folgeschäden durch geregelte Sauerstoffzufuhr vermeiden
Im Zuge eines Herzstillstandes schwellen die zerebralen Blutgefäße an und beeinträchtigen somit den Sauerstoffaustausch. Ziel der Mediziner ist es deshalb das Gehirn durch einen hohen, pulsartigen Blutdruck schnellstmöglich wieder mit Sauerstoff zu versorgen. Hierbei sei es allerdings ausschlaggebend auf einen niedrigen Sauerstoffgehalt im Blut zu achten, da sich ansonsten freie Radikale im Gewebe bilden. Diese beschädigen nicht nur die die Mitochondrien, sondern schränken folglich ebenfalls die Energieaufnahme ein. Ein verringerter Kalziumgehalt im Blut würde ebenso zum Schutz der Mitochondrien beitragen. „Ganz wichtig ist es, die Körpertemperatur der Patienten und Patientinnen möglichst rasch zu senken, um Stoffwechselprozesse zu verlangsamen“, erklärt Friedhelm Beyersdorf, Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Uniklinikum Freiburg.
Simulation lebensnotwendiger Körperfunktionen
Die Besonderheit dieses Therapieansatzes liegt in der Simulation des Herz-Lungen-Systems der Patienten. Die Funktionen beider lebenswichtiger Organe können in einer Notsituation durch das spezielle Gerät übernommen werden. Zusätzlich sind Ärzte dank diesem Apparat dazu in der Lage einhergegangene Schäden, die durch den Sauerstoffmangel hervorgerufen wurden, wirksam zu behandeln. Um Beeinträchtigungen vorzubeugen, messen die Mediziner nämlich sämtliche bedeutsamen Faktoren wie beispielsweise Blutwerte. Auf diese Art und Weise können anschließend durch eine akkurate Interpretation der Werte die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, die Fachkräfte für eine gelungene Wiederbelebung benötigen.
Praxisbezogenes Konzept ermöglicht schnelles Handeln
Die Effizienz dieser Behandlungsmethode ist außerdem auf die einzigartige Doppelpumpensteuerung zurückzuführen. Diese fördert den benötigten pulsierenden Blutfluss und steigert somit den Blutdruck. Des Weiteren kann die Sauerstoffkonzentration im Körper präzise kontrolliert werden; ein mobiles Kühlobjekt stellt gleichzeitig eine gefahrlose Temperaturreduktion sicher. Damit schnelle Mobilität gewährleistet wird, wurde der Apparat so entworfen, dass er problemlos im Rettungswagen platziert und unmittelbar zu den Betroffenen transportiert werden kann.
Vielversprechende Forschungsergebnisse
Während der ersten Pilot-Studie konnten bereits zahlreiche Betroffene erfolgreich behandelt werden: „Bei einem 43-jährigen Patienten war die Reanimation nach 70 Minuten erfolgreich. Der Patient ist wieder voll genesen und arbeitet wieder als Lehrer“, berichtet Professor Georg Trummer, Bereichsleiter Intensivmedizin der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Uniklinikum Freiburg. Auch eine andere Patientin konnte nach zweistündiger Reanimation ohne Folgeschäden wiederbelebt werden. Im Rahmen des Horizon 2020-Programms der Europäischen Kommission ist nun eine Studie an drei weiteren Universitäten vorgesehen, welche die Wirksamkeit des Therapieansatzes eindeutig belegen sollte.
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