In Deutschland erkranken jährlich circa 57.000 Menschen an Lungenkrebs. Damit ist diese Krebsart die häufigste nach Prostatakrebs bei Männern und Brust- und Darmkrebs bei Frauen. Doch einem Schweizer Forschungsteam gelang nun die Entwicklung einer speziellen Therapie, die den aggressiven Tumoren die Stirn bieten soll.
Bisher nur begrenzte Therapiemöglichkeiten
Bei der Diagnose Lungenkrebs sind die Aussichten oft keine guten: Mit 45.000 Opfern jährlich ist er eine der tödlichsten Krebserkrankungen. Als Therapien kommen Bestrahlung, Laserablation, Chemotherapie und Resektion in Frage, doch oft sind diese nicht wirksam oder bergen hohe Risiken. Gerade das Verabreichen aggressiver Cytostatika, wie es bei Chemotherapien der Fall ist, ist für Patienten oft mit großer Belastung verbunden, da sie Auswirkungen auf den gesamten Körper haben. Ein Forschungsteam des Inselspitals, Universitätsspital Bern, Universität Bern und der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW untersuchte daher die Möglichkeit einer lokalen Tumorbekämpfung.
Studie liefert vielversprechende Ergebnisse
Wie sie in Ihrer Publikation im Fachmagazin „Frontiers in Pharmacology“ mitteilen, entwickelten die Forschenden ein Elektrospray-Gerät, welches Bronchialtumoren stark verkleinert. Das Verfahren wurde bereits an Mäusen getestet, wo nur zwei Behandlungen schon zu einer Reduktion von 81 Prozent führten. Dafür wurden die Medikamente mithilfe der neuen Sprühmethode direkt unter der Haut aufgetragen. Die Tumoren der Mäuse, die keine Behandlungen erhielten, vergrößerten sich dagegen um 200 Prozent. Einer der Studienleiter Dr. Amiq Gazdhar bemerkt: „Wir hatten angenommen, dass Elektrospray direkt auf dem Tumor gute Resultate zeigt. Das Ausmaß der Reduktion von über vier Fünfteln hat uns aber überrascht.“
Immense Wirksamkeit durch lokale Anwendung
Als Teil der Studie wurde zunächst im Labor geprüft, ob die Anwendung als Elektrospray die Wirksamkeit des gewählten Medikaments, Cisplatin, beeinflusst. Da keine negativen Auswirkungen gefunden wurden und Cisplatin nach wie vor wirksam Tumore schrumpfte, konnten die Forschenden zu Versuchen im Tiermodell übergehen. Um die Wirksamkeit als Elektrospray zu untersuchen, verglichen sie diese Therapie mit drei anderen Methoden: nur Kochsalzlösung, nur Cisplatin und nur Spray. Das Medikament allein führte schon zu einer Reduktion der Tumorgröße um 15 Prozent. Doch dieses Ergebnis wurde von der lokalen Anwendung von Cisplatin als Elektrospray bei weitem übertroffen. Dies erklären die Forschenden sich durch einen Effekt, den sie zuvor im Labor entdeckten: Das Elektrospray steigert die Aufnahme aus den Zwischenzellräumen deutlich. Doch von der Reduktion um über 80 Prozent waren selbst die Forschenden überrascht.
Behandlung vielseitig einsetzbar
Um die vielversprechende Therapie möglichst schnell für Patienten verfügbar zu machen, hat das Forschungsteam bereits die nötigen Schritte für eine klinische Untersuchung eingeleitet. Doch auch technische Hürden müssen die Forschenden noch überwinden, erklärt Co-Studienleiter Prof. Dr. David Hradetzky: „Wir wollen schwer zugängliche Tumoren behandeln und zugleich einen minimal invasiven Eingriff ausführen. Technologisch besteht die Herausforderung vor allem in einer weiteren Miniaturisierung des Gerätes.“ Doch die Forschenden zeigen sich zuversichtlich und rechnen damit, dass die Behandlung mittels Elektrospray die Therapien nicht nur effektiver, sondern auch kostengünstiger macht. Außerdem soll sie vielseitig einsetzbar sein: „Die Elektrospray-Technik ist vielversprechend und kann für gezielte Chemotherapie, Gentherapie und Immuntherapie eingesetzt werden. Außerdem kann sie mit einigen konstruktiven Änderungen in verschiedenen Organen eingesetzt werden, sowohl extern als auch für innere viszerale Organe“, so die Studienautoren.
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