Eine neue Studie zeigt, dass Jugendliche vor allem über ihre Eltern leicht an Alkohol herankommen. Supermärkte spielen nur eine untergeordnete Rolle, denn wenn Jugendliche an Alkohol kommen wollen, wird zuerst der Vorrat der Eltern geplündert. Forscher sehen daher Eltern in der Pflicht.
Laut einer Studie, im Auftrag der DAK-Gesundheit, holen sich die Jugendlichen selten den gewollten Alkohol im Supermarkt um die Ecke. Viel mehr sind es die Eltern und Freunde, die ihnen den Zugang zu Alkohol erleichtern.
Es ist leicht, an Alkohol zu kommen
Bei einer Befragung von 1100 Schülern in Hamburg, Schleswig-Holstein und Brandenburg kam heraus, dass es für jeden zweiten 10- bis 16-Jährigen kein Problem sei, an Bier und Wein zu kommen. Die Umfrage wurde vom Kieler Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit durchgeführt.
Zwei Drittel der Befragten mit Alkoholerfahrung gaben sogar an, dass sie den Alkohol direkt von den Eltern bekämen. Die Hälfte der Kinder und Jugendlichen nannten die Freunde als Beschaffungsquelle. Lediglich 11 Prozent gaben an, dass sie Bier und Wein im Supermarkt kauften. „Im Kampf gegen den Alkoholmissbrauch bekommt die Vorbildfunktion der Eltern einen neuen Stellenwert“, erklärte der Leiter der Studie, Reiner Hanewinkel.
Leichter Zugang erhöht Komatrinken um 26 Prozent
Für die Langzeitstudie wurden die Schüler dreimal innerhalb von zweieinhalb Jahren befragt. Bei der ersten Befragung im Jahr 2008 gaben alle Befragten an, dass sie in ihrem Leben noch nie fünf oder mehr alkoholische Getränke hintereinander konsumiert hätten. Laut Suchtexperten gilt diese Menge als Kriterium für das sogenannte Komasaufen.
Im Jahr 2011, am Ende der Studie, gaben ca. 43 Prozent der Teilnehmer an, dass sie zumindest einmal in ihrem Leben schon fünf Gläser Bier, Wein oder andere alkoholhaltige Getränke hintereinander getrunken haben.
Die Untersuchungen zeigen, dass bei leichterem Zugang zu Alkohol das Risiko für ein erstmaliges Komatrinken um 26 Prozent höher ist, als wie in der Vergleichsgruppe, die nur schwer an Alkohol kommt. „Unsere Untersuchung zeigt, dass die leichte Verfügbarkeit ein Risikofaktor für das Rauschtrinken ist“, so Hanewinkel.
Zahl der Komatrinker sinkt
Seit sechs Jahren betreibt die DAK-Gesundheit zusammen mit dem Kieler Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung eine Aufklärungskampagne gegen den exzessiven Alkoholkonsum bei Jugendlichen. Die Kampagne steht unter dem Motto „bunt statt blau – Kunst gegen Komasaufen“.
„Tag für Tag landen bundesweit 65 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus“, erklärte Ralf Kremer, Suchtexperte der Krankenkasse.
Dennoch ist anzumerken, dass nach den jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes die Zahl der jugendlichen Komasäufer deutlich gesunken sind. Im Jahr 2013 wurden fast 23.300 Teenager zwischen 10 und 19 Jahren wegen zu starken Alkoholmissbrauch stationär in einem Krankenhaus behandelt. Das sind 12,8 Prozent weniger Fälle im Vergleich zum Jahr 2012.
Striktere Regeln
Bier und Wein kann man in Deutschland ab 16 Jahren kaufen und konsumieren. Hochprozentiges ab 18 Jahren. Suchtexperten fordern nun striktere Regeln und Beschränkungen des Verkaufs und höhere Preise.
Regelung in Österreich
In Österreich variiert die Sachlage von Bundesland zu Bundesland. In sechs von neun Bundesländern ist die private Weitergabe von alkoholischen Getränken an Personen unter dem 16. Lebensjahr verboten. In drei Bundesländern gibt es keine Regelung, was im privaten Raum passieren darf. Das bedeutet, dass es in sechs Bundesländern verboten ist, zu Hause Kinder und Jugendliche Alkohol probieren zu lassen.
Der private Konsum von Alkohol ist bis zum 16. Lebensjahr in vier Bundesländern verboten, in zwei ist es nicht verboten, aber derjenige, der ihnen Alkohol gibt, macht sich strafbar und in drei Bundesländern ist wieder nicht geregelt, was im privaten Raum geschehen darf.
In allen neun Bundesländern von Österreich darf man, wie in Deutschland, ab 16 Jahren öffentlich und privat Bier und Wein konsumieren. Darf diesen Alkohol kaufen und verkauft bekommen. Eine Ausnahme gibt es lediglich in Kärnten. Dort sind alkoholische Getränke mit mehr als 12 Vol.-% zwischen 16 und 18 Jahren verboten. Diese Regelung schließt damit eine Reihe von Weinen aus.
Drei Gründe für die Entwicklung des Alkoholkonsums bei Jugendlichen
Das Bundesministerium für Gesundheit gibt im Textband „Handbuch – Alkohol Österreich“ (2009) drei Gründe an, die sich maßgeblich auf das Konsumverhalten der Jugendlichen auswirkt.
Zum einen die Akzeleration. Das bedeutet, dass Kinder immer früher in die Pubertät kommen und sich somit früher körperlich entwickeln. Dadurch werden sie auch schneller zu selbstständigen Jugendlichen. Mit dieser Entwicklung kommt auch der Trend, dass die Kinder und Jugendlichen früher erste Alkohol- und Nikotinerfahrungen machen.
Der zweite Grund, der das österreichische Bundesministerium für Gesundheit angibt, ist die Emanzipation. „Emanzipation bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Frauen immer aktiver am öffentlichen Leben teilnehmen und sich die Substanzkonsumgewohnheiten von Männern und Frauen zunehmend mehr aneinander angleichen.“ Der Alkoholgesamtkonsum ist seit Jahrzehnten stetig beim Sinken. Das bedeutet, dass der Konsum der Frauen zu- und der Konsum der Männer abnimmt.
Der letzte Grund, der angegeben wird, ist die Globalisierung. Das bezieht sich hier vor allem auf die Alkoholkonsumkultur. Wie bei jedem Wirtschaftsgut wird auch beim Alkohol das Angebot an verschiedensten Produkten größer und auf der ganzen Welt ähnlicher. In Europa kann man feststellen, dass es eine Anpassung der Trinkgewohnheiten in Richtung europäischen Durchschnittes gibt. In Niedrigkonsumländern gibt es eine Konsumsteigerung und in den Hochkonsumländern einen Konsumrückgang.
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