Die Prognose, dass die Erkrankung, die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst wird, bald saisonal wird, haben Wissenschaftler schon vor einiger Zeit aufgestellt. So entwickelte bereits ein Forschungsteam aus Utah, USA, ein mathematisches Modell, das eine Entwicklung ähnlich der saisonalen Grippe (Influenza) vorhersagte. Ein spanisches Forschungsteam konnte diese Vorhersage nun erstmals mit handfesten Beweisen stützen.
Saisonales Infektionsgeschehen wahrscheinlich
Das Coronavirus SARS-CoV-2 überträgt sich über Tröpfchen oder Aerosole in der Luft. Forschende des Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) konnten nun nachweisen, dass diese Ausbreitung abhängig ist von saisonalen Gegebenheiten wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Die Forschenden rechnen daher in Zukunft mit einem Infektionsgeschehen, das mit den Jahreszeiten schwankt. „Die Frage, ob es sich bei COVID-19 um eine echte saisonale Krankheit handelt, gewinnt zunehmend an Bedeutung und hat Auswirkungen auf die Festlegung wirksamer Interventionsmaßnahmen“, erklärt Studienkoordinator Xavier Rodó von ISGlobal. Die Ergebnisse der Untersuchung publizierten sie kürzlich im Fachmagazin „Nature Computational Science„.
Weltweite Verbreitung untersucht
Für die Analyse sah sich das Forschungsteam aus Barcelona den Anfang des Pandemieverlaufs noch einmal ganz genau an. Die Wissenschaftler untersuchten dabei den Zusammenhang zwischen der Ausbreitung des Coronavirus und der Luftfeuchtigkeit sowie der Temperatur in 162 Ländern auf fünf Kontinenten. Besonders interessierte sie dabei die Zeit, in der sich das Verhalten von Regierungen und Bevölkerung noch nicht angepasst hatte. So konnten die Forschenden sehr deutlich sehen, dass eine niedrige Luftfeuchtigkeit und Temperatur besonders vorteilhafte Bedingungen für die Ausbreitung des Virus darstellen. Das sieht man etwa in Deutschland daran, dass die erste Infektionswelle mit steigenden Temperaturen und Luftfeuchtigkeit abflaute. Im Herbst 2020 dagegen, als Temperatur und Luftfeuchtigkeit wieder sanken, begann die zweite Welle.
Niedrige Temperatur und Luftfeuchtigkeit fördern Ausbreitung
Den Berechnungen des spanischen Forschungsteams zufolge liegt die ideale Übertragungstemperatur zwischen 12 und 18 Grad Celsius, die für das Virus ideale Luftfeuchtigkeit beträgt zwischen 4 und 12 Gramm pro Kubikmeter. Dies müsse allerdings noch durch Untersuchungen über einen längeren Zeitraum bestätigt werden. Anhand eines epidemiologischen Modells bewies das Team um Rodó jedoch, dass die Berücksichtigung der Temperatur bei der Berechnung der Übertragungsrate die Vorhersage verbessert. „Insgesamt stützen unsere Ergebnisse die Auffassung, dass COVID-19 eine echte saisonale Niedrigtemperaturinfektion ist, ähnlich wie die Influenza und die harmloseren zirkulierenden Coronaviren“, fasst Studienerstautor Alejandro Fontal zusammen.
Bessere Lufthygiene empfehlenswert
Die Studienautoren weisen in ihrer Arbeit darauf hin, dass der Fokus bei der Pandemiebekämpfung vermehrt auf Lufthygiene liegen müsse. So könnte ihren Erkenntnissen nach etwa verbesserte Innenraumbelüftung SARS-CoV-2-Übertragung deutlich reduzieren, da Aerosole bei niedriger Luftfeuchtigkeit langsamer absinken. Außerdem empfehlen die Wissenschaftler, meteorologische Parameter bei der Bewertung und Planung von Maßnahmen zu berücksichtigen.
Was meinen Sie?