Vor Kurzem erst präsentierten britische Wissenschaftler ein Studienergebnis, demzufolge Parkinson bereits 20 Jahre vor dem Ausbruch erkennbar sei. Eine internationale Forschungsgruppe kam diesbezüglich allerdings nun ebenfalls zu Schlussfolgerungen – die den vorangegangenen Erkenntnissen über die neurodegenerative Erkrankung widersprechen. Entsteht Parkinson möglicherweise also gar nicht so, wie bisher vermutet?
Keine Aussicht auf Heilung
Parkinson gehört mit etwa sechs Millionen Betroffenen zu den häufigsten neurodegenerativen Krankheiten weltweit. Allein in Deutschland sollen zwischen 200.000 und 400.000 Parkinson-Patienten leben. Auch viele international bekannte Staatsoberhäupter, Sportler und Schauspieler leiden oder litten unter der ernsten Erkrankung, darunter Theodore Roosevelt, Muhammad Ali oder Michael J. Fox.
Bislang gilt Parkinson nach wie vor als unheilbar. Es kommen werden jedoch immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen, die dies irgendwann ändern könnten. Kürzlich konnte ein Team internationaler Forscher belegen, dass die für Parkinson typischen Einschlüsse in den Nervenzellen des Gehirns meist nicht aus Proteinfibrillen bestehen – damit wirft die Untersuchung neue Fragen zum Ursprung von Parkinson auf. Die Erkrankung führt zu Einschränkungen in der Bewegung, vor allem durch starkes Zittern der Extremitäten, langsamen Bewegungsabläufen, sowie Muskelstarre. Zu den motorischen Beschwerden kommen weitere nicht-motorische. Mit der Zeit verschlimmern sich die Symptome unaufhörlich. Eines der Merkmale von Parkinson sind neuronale Einschlüsse, auch „Lewy-Körperchen“ genannt, welche sich in diversen Gehirnregionen ablagern. Mehrere Jahrzehnte lang wurde vermutet, dass die Erkrankung durch die Ansammlung von unlöslichen Fibrillen des Proteins alpha-Synuclein in den Lewy-Körperchen ausgelöst wird.
Überraschende Resultate stellen bisherige Annahmen infrage
Wissenschaftler aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz konnten die bisherigen Annahmen nun allerdings widerlegen. Das Team konnte in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern um Prof. Henning Stahlberg vom Biozentrum der Universität Basel anhand ihrer aktuellen Studie die gängige These als unwahr aufdecken. Mithilfe von modernsten Elektronenmikroskopen konnten die Forscher beobachten, dass die Lewy-Körperchen vor allem Membranfragmente, Lipide und anderes zelluläres Material beinhalten anstatt der angenommenen alpha-Synuclein-Fibrillen. Nachdem das Gehirngewebe verstorbener Parkinson-Patienten mit korrelativer Licht- und Elektronenmikroskopie untersucht wurde, war klar, dass die Lewy-Körperchen lediglich über geringe Mengen Fibrillen verfügen. Das Resultat der Studie kam auch für die Wissenschaftler selbst vollkommen überraschend. Publiziert wurden die neuen Erkenntnisse im Fachjournal „Nature Neuroscience“.
Hintergrund und Mechanismus müssen erforscht werden
Aktuell ist noch unklar, wo und in welcher Form sich das Protein alpha-Synuclein zwischen den Membranfragmenten befindet und welche Rolle es bei der Entwicklung der Lewy-Körperchen übernimmt. Die Forschungsarbeit legt jedoch dar, dass das Labormodell der alpha-Synuclein Fibrillen als Ursprung und Mechanismus von Parkinson in Frage gestellt werden sollte. Die Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die Suche nach den Hintergründen der Erkrankung vermehrt von der Erforschung der Pathologie im Menschen übernommen werden sollte.
Mithilfe der modernen Methoden lassen sich die Strukturen des menschlichen Gehirns deutlich besser studieren, als es mit früheren Probenpräparations- und Elektronenmikroskopie-Methoden der Fall war. Daher konnte es vermutlich erst jetzt zur besseren Charakterisierung der Lewy-Körperchen kommen. Es gilt nun allerdings herauszufinden, wie genau alpha-Synuclein zu den Lewy-Körperchen beiträgt, wenn dies nicht durch Fibrillen geschieht.
Durch die neue Studie kommen zahlreiche neue Fragen bezüglich der Rolle der Lewy-Körperchen bei der Entwicklung von Parkinson auf. Die Erforschung derartiger Zellstrukturen gibt signifikante Informationen darüber, wie die Bildung von Lewy-Körperchen, sowie die Zerstörung der Zellstrukturen im Gehirn, behandlungstechnisch verringert oder sogar gestoppt werden könnten.
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