Laut vielen Expertenmeinungen werden nur Arzneimittel die Coronakrise beenden können. Zahlreiche Medikamente werden momentan weltweit entwickelt, einige davon finden bereits an Patienten Anwendung. So zum Beispiel eines mit dem Namen Remdesivir. Es wurde von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) Ende Juni auch in Europa unter Auflagen zugelassen. Doch das Medikament ist nicht unumstritten: Experten kritisieren, dass seine Wirkung nicht ausreichend bewiesen ist.
Was ist Remdesivir und was kann es?
Remdesivir gehört zu den antiviralen Medikamenten. Das bedeutet, dass es die Vermehrung von Viren blockiert oder deren Eindringen in die Lungenzellen verhindert.
Seine Wirkungsweise ist dabei die eines Saboteurs: Der Wirkstoff von Remdesivir ist dem Virenbaustein RNA-Polymerase täuschend ähnlich. Das Virus benötigt dieses Enzym, um Kopien herzustellen und sich so zu vermehren. Die „falsche RNA“ schleust sich in diesen Prozess ein und blockiert somit die Kopiermaschine – Es können keine neuen Viren entstehen.
Mehr über verschiedene Wirkungsmöglichkeiten und Medikamentenentwicklung erfahren Sie hier:
Wirksam bei Corona?
Das Medikament ist eine Weiterentwicklung eines bereits bekannten Wirkstoffes. Es wurde bereits erfolgreich für die Behandlung von SARS oder MERS (ebenfalls durch zwei Coronaviren verursacht) verwendet. In klinischen Studien an Covid-19-Patienten konnte eine leichte Milderung des Krankheitsverlaufes festgestellt werden. Die Krankheitsphase war mit elf Tagen um vier Tage kürzer als bei der Kontrollgruppe (fünfzehn Tage). Die Sterblichkeitsrate war geringer, jedoch nicht signifikant. Mediziner meinen deshalb, nicht mit Sicherheit sagen zu können, ob die Wirkung von Remdesivir ausreichend für eine Behandlung ist. Auch bezüglich der Nebenwirkungen ist noch wenig bekannt. Es gilt als allgemein gut verträglich. Jedoch wissen Ärzte aus Behandlungen gegen Ebola, dass es zu Übelkeit und Verschlechterungen der Nieren- und Leberfunktion kommen kann.
Für wen ist das Medikament geeignet?
Laut EMA ist das Arzneimittel für Patienten ab zwölf Jahren empfohlen, welche eine Lungenentzündung haben und mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt werden müssen.
Wo wird es verfügbar sein und wie viel wird es kosten?
Eine flächendeckende Anwendung von Remdesivir würde sehr teuer werden. Nach Unternehmensangaben bei Bestellung durch die US-Regierung kostet eine fünftägige Behandlung 2.340 Dollar (etwa 2.000 Euro) pro Patient.
Der Haupt-Produktionsstandort des Herstellers Gilead liegt in Kalifornien, jedoch wurden die Produktionskapazitäten bereits auf Nordamerika, Asien und Europa ausgeweitet. Mit der Zulassung in Europa sei der Produzent auch verpflichtet, „in angemessenem Umfang“ nach Europa zu liefern, so das deutsche Bundesgesundheitsministerium.
Frühe Anwendung als Chance
Laut Wissenschaftlern zeigt vor allem die Anwendung von Remdesivir im frühen Krankheitsstadium einer Corona-Infektion Wirkung. Durch seine die Vermehrung blockierenden Eigenschaften ist der Einsatz vor allem dann sinnvoll, wenn die Ausbreitung noch nicht weit fortgeschritten ist. Eine Infektion mit hohem Schweregrad kann so verhindert werden.
Bei einem schweren Krankheitsverlauf sei nämlich vor allem die überschießende Reaktion des Immunsystems des Körpers ein Problem. Wenn es so sehr gefordert wird, dass es nicht mehr zwischen körpereigenen Zellen und Fremdstoffen wie Viren und Bakterien unterscheidet, kann ein antivirales Mittel nicht mehr ausreichend eingreifen.
Fazit
Remdesivir ist eines von hoffentlich bald mehreren Arzneimitteln, die bei einer Corona-Erkrankung eingesetzt werden können. Die Frage ist allerdings weniger, ob ein Medikament wirksam bei Covid-19 ist, sondern vielmehr, für welches Krankheitsstadium es sich eignet. Insofern kann das antivirale Remdesivir durchaus unterstützend für die schnellere Genesung bei einer Infektion sein.
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