Wenn der Beruf an den körperlichen Kräften zehrt, scheint dies die Lebensdauer nicht gerade positiv zu beeinflussen. Offenbar verringert körperlich anstrengende Arbeit die Lebenserwartung, anstatt sie zu erhöhen. Bislang wurde vermutet, dass viel Bewegung und körperliche Aktivität das Leben verlängern.
Analyse japanischer Künstler
Eine neue Forschungsarbeit des Institute of Liberal Arts am Tokyo Institute of Technology hat ergeben, dass ein hohes Aktivitätslevel bei der Arbeit die Lebenserwartung verkürzen könnte. Die Untersuchungsergebnisse wurden kürzlich in dem englischsprachigen Fachjournal „Palgrave Communications“ vorgestellt.
Bewegung und körperliche Fitness werden meist als unverzichtbar für ein langes, gesundes Leben angesehen. Bisher beschäftigten sich nur wenige Studien mit den Folgen lebenslanger körperlicher Arbeit und sitzender Arbeit. Die neue Untersuchung ging der Frage nach, ob starke körperliche Aktivität und Bewegung sich positiv auf die Lebenserwartung auswirken. Für dieses Forschungsthema wurde die Lebensdauer von vier unterschiedlichen Gruppen traditioneller japanischer Künstler verglichen. Es wurden Daten von 699 professionellen männlichen Künstlern analysiert.
Körperliche Fitness doch kein Schlüssel zur Langlebigkeit?
Die Auswertung der Daten von professionellen japanischen „Kabuki“ (traditionelles japanisches Theater) Akteuren zeigte, dass die energischen Bewegungen der Schauspieler zu einer niedrigeren Lebensdauer führten. Zumindest im Vergleich zu Schauspielern, die sich während ihrer Arbeit nicht viel bewegten, verfügten sie über eine reduzierte Lebenserwartung. Die Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass berufliche Anstrengungen über das ganze Leben hinweg dieses verkürzen.
Unerwartete Resultate
Die Wissenschaftler stellten zu Beginn der Studie die Hypothese auf, dass die Kabuki-Schauspieler wegen der vielen körperlichen Betätigung in ihrem Berufsleben länger leben als andere Schauspieler. Die Ergebnisse kamen für das Forschungsteam daher sehr überraschend. Zu der Vergleichsgruppe gehörten unter anderem Künstler, die üblicherweise im Sitzen Teezeremonien halten, Geschichten erzählen oder Instrumente spielen.
Doch wider Erwarten fiel die Lebensdauer der Kabuki-Schauspieler kürzer aus als die der anderen drei Gruppen traditioneller Künstler (Sado-, Rakugo- und Nagauta-Künstler). Möglicherweise liegt der Grund in dem exzessiven Ausdauertraining, das ein „Zuviel des Guten“ darstellt, sodass es nicht zu den bekannten positiven Aspekten regelmäßigen Trainings kommt.
Wie Sport für eine lebensverlängernde Wirkung genutzt werden kann, sehen Sie hier:
Mögliche Einflussfaktoren
Eine andere Ursache könnte in dem in der Vergangenheit häufig verwendeten „Oshiroi“ liegen. Das Pulver wurde für das Make-Up der Kabuki-Schauspieler genutzt, doch es enthielt Blei und stellte daher eine große Gesundheitsgefahr dar. Im Jahr 1934 wurde die Verwendung von Oshiroi verboten. Die Wissenschaftler betonen zudem, dass es einige Einschränkungen der Untersuchung vorliegen. Es wurden zum Beispiel nur Daten zu männlich dominierten Berufsbildern analysiert. Aus diesem Grund liegen keinerlei Informationen zur Langlebigkeit der Bürger und Miteinbeziehung der weiblichen Bevölkerung vor.
Die Thematik muss weiter untersucht werden, um das gesundheitlich ideale Ausmaß an körperlicher Betätigung zu ermitteln. Die potenziell vorteilhaften Effekte von Aktivitäten, die keine Bewegung erfordern, sollte dem Forschungsteam zufolge ebenfalls weiter studiert werden. Zu diesen gehören unter anderem Singen, Sprechen und Musizieren.
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