Vorerkrankungen, Impfstatus, Lebensstil – all diese Faktoren können den Krankheitsverlauf von Covid-19 maßgeblich beeinflussen. Laut mehreren Studien wird der Schweregrad einer Erkrankung jedoch auch auf genetische Prädispositionen zurückgeführt.
Zahlreiche Krankheitsverläufe evaluiert
Im Rahmen eines Forschungsprojektes beschäftigten sich Experten der Medizinischen Fakultät Duisburg-Essen mit der Frage, inwieweit sich Genetik auf den Krankheitsverlauf sowie das Sterberisiko bei Covid-19 auswirkt. Im Zuge dessen evaluierten die Mediziner vom 11. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 die Krankheitsverläufe von 1.570 Patienten, welche positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Folglich konnte die Omikron-Variante, welche im November 2021 erstmals auftrat, keine Berücksichtigung finden. Während 13 Prozent der Probanden lediglich einen milden Verlauf durchliefen, wurden 48 Prozent stationär behandelt. 292 Personen entwickelten einen so schweren Verlauf, dass sie intensivmedizinische Betreuung in Anspruch nehmen mussten. 313 Menschen verstarben.
Geringere Mortalität dank GNB3 TT
Die Untersuchungen lieferten überraschende Ergebnisse – eine bestimmte Genvariante namens GNB3 TT verringert das Risiko eines tödlichen Coronaverlaufs um 35 Prozent. Bei GNB3 TT handelt sich um ein Gen, welches etwa 10 Prozent der Europäer aufweisen. Es verschlüsselt eine essenzielle Untereinheit der sogenannten G-Proteine, welche zahlreiche Zellfunktionen übernehmen. „Unter anderem konnte unsere Arbeitsgruppe in eigenen Vorarbeiten bereits zeigen, dass die in der Studie beschriebene Genvariante eine Aktivierung von Immunzellen zur Folge hat“, erläutert Studienautorin Birte Möhlendick. Im Fall einer Covid-Infektion zeigten Patienten, die dieses Gen tragen, eine erhöhte T-Zellen-Reaktion des Immunsystems. Somit konnte das Virus bereits in einem frühen Stadium der Infektion stark eingedämmt werden, sodass sich keine schweren Symptome manifestierten.
Weitere Faktoren relevant
Neben genetischen Faktoren wirken sich außerdem ein junges Lebensalter sowie das Fehlen von Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiv auf den Krankheitsverlauf aus. „Diese Studienergebnisse sind nach wie vor sehr relevant“, äußert sich der Direktor des Instituts für Pharmakogenetik, Prof. Dr. Winfried Siffert. „Schließlich ist die Pandemie noch nicht beendet und wir sehen wieder leicht steigende Hospitalisierungszahlen.“
Neandertaler-Gene beeinflussen Krankheitsverlauf
Zuvor durchgeführte Studien von Forschern des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie belegten bereits den Einfluss sogenannter Neandertaler-Gene hinsichtlich des Krankheitsverlaufs. Diese Gene befinden sich auf Chromosom 3 und erhöhen maßgeblich das Risiko, künstliche Beatmung in Anspruch nehmen zu müssen oder an Covid-19 zu versterben. Die Mediziner gelangten darüber hinaus zu der Erkenntnis, dass Neandertaler neben schädlichem Erbgut auch hilfreiche Varianten vererbten. Beispielsweise verringert eine Region auf Chromosom 12 das Risiko einer schweren Erkrankung um etwa 20 Prozent. Die Genvarianten in dieser Region kontrollieren die Aktivitäten eines Enzyms, welches virale Genome abbaut. Die Genvariante verbreitete sich seit der letzten Eiszeit immer weiter, sodass sie mittlerweile etwa die Hälfte aller Personen außerhalb Afrikas in sich trägt.
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