1820 ist das Geburtsjahr der Sexualität, denn August Henschel, ein Botaniker und Medizinhistoriker, verwendet erstmals den Begriff. Zu Zeiten der Industriellen Revolution von 1760 bis 1850 kam es zu maßgeblichen Veränderungen in der Gesellschaft und Sexualität wurde Privatsache. Geschlechterrollen haben sich verändert und Sexualität bekam einen anderen Stellenwert. Allerdings gab es u.a. eine Sache, die zutiefst verpönt und sündhaft war: die Masturbation. Heutzutage ist Selbstbefriedigung längst kein Tabu mehr und wirkt sich sogar positiv auf unsere Gesundheit aus.
Der Werdegang der Masturbation
Mit Masturbation meint man die Stimulierung der eigenen Geschlechtsorgane mit oder ohne Hilfsmittel. Diese Stimulierung kann zum Orgasmus führen und ist seit den 60er Jahren während einer „sexuellen Revolution“ zu einem gesellschaftlich anerkannten Thema geworden. Wie bereits erwähnt war das nicht immer so, denn es gab am Ende des 17. Jahrhunderts eine „Anti-Onanie“-Bewegung. Diese führte zu einem 200-jährigen Kreuzzug gegen die Selbstbefriedigung, da davon ausgegangen wurde, dass das Masturbieren zu Krankheiten führt und es eine Sünde ist Lust zu empfinden. Lust war zu dieser Zeit ein Werk des Teufels und Sex wurde lediglich zur Fortpflanzung und Verbreitung der eigenen Gene praktiziert. Der Umgang mit Sexualität hat sich erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert gelockert. Man darf über Sex sprechen und auch die Selbstbefriedigung wurde enttabuisiert. Anfangs wurde die Selbstbefriedigung vor allem bei Männern akzeptiert und normalisiert. Bei Frauen ist dies allerdings erst seit einigen Jahren der Fall und es wird vermutlich noch etwas dauern, bis das Thema in unserer Gesellschaft als voll gleichberechtigt behandelt wird.
Gute Gründe für die Selbstbefriedigung
Es gibt viele Gründe, warum es positiv ist auch einmal selbst Hand anzulegen. Zum einen ist es gut, wenn wir unseren eigenen Körper kennen, wissen was uns gefällt, was sich gut anfühlt und wie wir zum Orgasmus kommen. Zum anderen ist die Selbstbefriedigung gesund:
- Masturbation baut Stress ab
Die meisten Menschen kommen bei der Selbstbefriedigung zum Orgasmus, dem Höhepunkt. Währenddessen kommt es zu unwillkürlichen Muskelkontraktionen, durch die sich die Spannung entlädt. Anschließend entspannt sich der gesamte Körper. Bei der Selbstbefriedigung werden die Glückshormone Dopamin und Serotonin produziert. Diese bauen Stress ab und machen uns glücklich. Außerdem werden Endorphine und das Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Dieses Hormon wird auch „Kuschelhormon“ genannt, weil es zu einem starken Verbundenheits- und Vertrauensgefühl führt, außerdem senkt es zusätzlich den Stresshormonspiegel. Der Orgasmus von Männern und Frauen unterscheidet sich insofern, dass Männer immer eine Flüssigkeit abspritzen, also ejakulieren. Dieses Ejakulat enthält u.a. Spermien, die für die Fortpflanzung unabdingbar sind. Ein Drittel der Frauen ejakuliert auch, allerdings ist diese Flüssigkeit lediglich ein Sekret der Prostata femina und enthält keine für die Fortpflanzung benötigen Stoffe. Diese weibliche Ejakulation wird auch „squirting“ genannt. - Masturbation stärkt das Immunsystem
Da die Selbstbefriedigung Stress reduziert, Schlaf verbessert und für Entspannung sorgt, reduziert sie Faktoren, die das Immunsystem schwächen können. Orgasmen führen außerdem zu einer vermehrten Produktion von weißen Blutkörperchen, welche für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig sind. Regelmäßige Masturbation kann also den Körper vor Erkältungen und einer Grippe schützen. Studien haben ergeben, dass regelmäßiges Onanieren bei Männern das Risiko senkt an einem Prostatakrebs zu erkranken. - Masturbation und eine gesteigerte Libido
Das häufige Stimulieren der eigenen Geschlechtsteile steigert das Lustempfinden, also die Libido, ungemein. Es gibt verschiedene Gründe, warum man keine Lust auf Sex mit dem/der PartnerIn hat. Sich selbst zu befriedigen kann diese Lust allerdings wieder steigern und heizt dem Sexleben neu ein. Außerdem steht die liebevolle Berührung des eigenen Körpers im direkten Zusammenhang mit dem Selbstwert, welcher durch häufige Berührungen der Geschlechtsteile stark ansteigt und wiederum mehr Lust auf Berührungen von anderen machen kann. - Masturbation lässt uns besser schlafen
Indem beim Orgasmus diverse Hormone ausgeschüttet werden, die zur Entspannung führen, ist es nur eine logische Konsequenz, dass diese auch den Schlaf wesentlich verbessern. Menschen mit Schlafstörungen bekommen immer öfter den Tipp sich selbst vor dem Schlafengehen zu befriedigen, um schneller und ruhiger einschlafen zu können. Natürlich gibt es auch andere Methoden, um Schlafstörungen zu mildern, aber Entspannung ist ein Hauptfaktor für einen guten Schlaf. - Masturbation lindert Schmerzen
Selbige Hormone, die den Schlaf verbessern und den Menschen glücklich machen, haben eine schmerzstillende Wirkung. Vor allem bei chronischen Schmerzen soll die Masturbation helfen und den Schmerz maßgeblich lindern. Sogar 60% von Personen, die regelmäßig unter einer Migräne leiden, berichteten, dass durch regelmäßige Orgasmen die Migräne seltener kam oder sogar gänzlich verschwand. Außerdem wird die Masturbation zur Bekämpfung von Menstruationsschmerzen empfohlen, da sie auch eine krampflösende Wirkung hat.
Die Frage nach der Häufigkeit
Nach all den positiven Gründen, warum masturbieren gut für uns ist, wirkt es so, als gäbe es keinen Grund nicht zu masturbieren. Natürlich muss jeder die Häufigkeit für sich selbst entscheiden. Dennoch sollte man aufpassen, weil sich auch hier eine Sucht entwickeln kann und übermäßige Selbstbefriedigung krankhaft ist. Dies kann durchaus auch andere Probleme mit sich bringen, wie z.B. den Drang eher zu masturbieren, als alltäglichen Tätigkeiten (z.B. Job) nachzugehen oder sich lieber selbst zu befriedigen als mit dem/der PartnerIn zu schlafen. Hier kann man die zu oft aufkommende Lust durch eine Ersatzaktivität, wie Sport, reduzieren. Sollte dies nichts an der starken Lust ändern, ist es empfehlenswert den/die Hausarzt/Hausärztin oder eine Suchtberatungsstelle zu kontaktieren. So oder so sollte sich Sex immer gut anfühlen, egal ob „solo“, mit Hilfsmittel oder mit einer oder mehreren anderen Personen. Sollte sich die sexuelle Handlung nicht positiv anfühlen, hat man immer das Recht diese nicht durchzuführen und andere Methoden zu finden, die besser und angenehmer sind oder auch gänzlich darauf zu verzichten. Denn in der Auslebung der eigenen Sexualität gibt es kein Richtig oder Falsch.
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