Akne, Ekzeme, Neurodermitis, Schuppenflechte – dies mögen zwar keine ungewöhnlichen Hautkrankheiten sein, für Kinder und Jugendliche stellen sie dennoch ein enormes Problem dar. Die Symptome sind für jeden klar sichtbar, wodurch die jungen Betroffenen ständig mit unangenehmen Fragen konfrontiert, ausgelacht oder für ansteckend gehalten werden. Es wundert somit nicht, dass Kinder und Jugendliche, die an sichtbaren Hautproblemen leiden, ein bis zu 30 Prozent höheres Risiko aufweisen, an Depressionen zu erkranken. Der „Monat der Hautgesundheit“ steht daher ab Mai ganz im Sinne der Aufklärung sowie dem Abbau von Ressentiments und Vorurteilen.
Die Haut als Spiegel der Seele
Die Haut (Cutis) ist ein lebenswichtiges Organ, dessen Hauptaufgabe in erster Linie darin besteht, dem Körper Schutz zu geben. Sie ist dehnbar und elastisch, grenzt den Organismus gegen die Außenwelt ab und schützt ihn vor Austrocknung, Krankheitserregern und Sonnenlicht. Wie unentbehrlich die Haut ist, zeigt sich insbesondere dann, wenn größere Flächen, wie etwa durch Verbrennungen, zerstört werden. Bereits ein Verlust von 20 Prozent des größten Einzelorgans des Menschen kann tödlich sein.
Neben ihrer Schutzfunktion erfüllt die Cutis jedoch noch weitere wichtige Aufgaben wie etwa als Sinnesorgan. Rosig und glatt oder fahl und fleckig – unsere Haut ist allgegenwertig, wird unbewusst in Millisekunden von unseren Mitmenschen wahrgenommen und erweckt bestimmte Assoziationen beim Gegenüber. „Sie ist eben nicht nur Schutzschicht gegen die Außenwelt, sondern auch die Verpackung unserer Persönlichkeit und ein wichtiges Kommunikationsorgan“, so die Psychoneuroimmunologin Eva Peters. Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, mit Hautkrankheiten leiden daher meist nicht nur unter den körperlichen Symptomen wie Juckreiz oder Brennen, sondern haben primär mit der Stigmatisierung und den psychischen Folgen zu kämpfen.
Wenn Krankheiten unter die Haut gehen
Bereits ein in der Mitte der Stirn sprießender Pickel kann ausreichen, um einen Sturm der Entrüstung beim jeweiligen Individuum auszulösen – und das, obwohl es sich hierbei lediglich um eine milde Form der Akne handelt. Man stelle sich nun vor, in der Haut einer von Schuppenflechte, im Fachbegriff Psoriasis, betroffenen Person zu stecken. Psoriasis gilt als genetisch bedingte chronische Entzündungsreaktion, die durch ein fehlgeleitetes Immungeschehen entsteht. Dabei kommt es zur Ausbildung rötlicher, schuppiger Stellen an der Haut, die starken Juckreiz auslösen können. Das Leid der Betroffenen lässt sich nur erahnen und es liegt auf der Hand, weshalb sich erkrankte Heranwachsende entstellt, hässlich und ganz einfach „anders“ fühlen.
Ähnlich ergeht es Neurodermitis-Betroffenen, deren Zahl in den letzten Jahrzehnten allein in Industrieländern um das Zwei- bis Dreifache gestiegen ist. Somit kann Neurodermitis, auch atopische Dermatitis genannt, als die häufigste chronisch-entzündliche Hauterkrankung klassifiziert werden. Typisch sind entzündete, gerötete oder trockene Hautstellen, begleitet von quälendem Juckreiz, Schlafstörungen, Erschöpfung sowie einer verringerten Lebensqualität. „Neurodermitis ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern. Es gibt sie in verschiedenen Schweregraden und Verläufen. Fast alle Betroffenen leiden unter dem unangenehmen Juckreiz, der zu Stress, Schlafmangel und Konzentrationsstörungen führen kann. Dagegen müssen wir etwas tun!“, argumentiert Dr. Sylvia Perl-Convalexius, Fachärztin für Dermatologie. Dr. Christine Bangert, Leiterin der Neurodermitis-Ambulanz an der Universitätsklinik für Dermatologie Wien, konstatiert ebenso, dass Neurodermitis-PatientInnen ein viermal höheres Risiko für Angststörungen aufweisen würden. 30 Prozent hätten ein erhöhtes Risiko für Depressionen.
Ein nahezu identes Bild ergibt sich bei einem Blick auf die sogenannte Akne vulgaris. „Sie kann das Selbstwertgefühl junger Menschen beeinflussen und ihr Risiko für Depressionen, Ängstlichkeit und soziale Isolation erhöhen“, sagt die Dermatologin Ulrike Blume-Peytavi von der Berliner Charité. Magere 15 Prozent heranwachsender Mädchen und Jungen bleiben von den unliebsamen Mitessern, roten Pickeln und Pusteln auf Gesicht und Oberkörper verschont. 25 Prozent der Heranwachsenden kämpfen hingegen mit Depressionen und seelischen Störungen, 15 Prozent entwickeln ein gestörtes Körperbild.
Körper und Psyche als interaktives System
Um den Leidensdruck der Betroffenen zu verringern, ist die richtige Behandlung essentiell. Laut Paul Sator, dem Leiter der Psoriasis-Ambulanz der Klinik Hietzing, konnten im Bereich der Therapie in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt werden. Je früher eine geeignete Therapie begonnen werde, desto besser. Anlässlich des Internationalen Tages der Hautgesundheit am 1. Mai starteten zudem mehrere Initiativen, um mehr Bewusstsein in der Gesellschaft hinsichtlich des Themas zu schaffen und Betroffenen Unterstützung zu bieten. Auf diversen Plattformen steht Interessierten eine Palette an Informationen zur Verfügung – von wissenschaftlichen Erkenntnissen von ExpertInnen, über Pflege- und Behandlungstipps, bis hin zu ermutigenden Worten von Betroffenen.
Nach zwei Jahren Pandemie gilt es zu guter Letzt anzumerken, dass Vorsorgeuntersuchungen unbedingt in Anspruch genommen werden sollten. Pandemiebedingt haben die Lockdowns nämlich auch im Bereich der Hautgesundheitsvorsorge dazu geführt, dass Menschen seltener eine Dermatologin bzw. einen Dermatologen aufgesucht haben. Die traurige Folge: Vor allem Hautkrebs konnte erst deutlich später erkannt werden, wodurch sich dieser in vielen Fällen bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befand und Heilungschancen dezimiert wurden. Hautkrankheiten und ihre psychologischen Narben – Problematiken, die Betroffenen im wahrsten Sinne des Wortes ein dickes Fell abverlangen.
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