Kinder stecken eine Infektion mit SARS-CoV-2 zum Glück meist gut weg, oft ist die Krankheit kaum zu bemerken. Doch in seltenen Fällen entwickeln die jungen Patienten ein MIS-C, das sogenannte Multisystem Inflammatory Syndrome in Children, manchmal auch PIMS oder PIMS-TS genannt. Dabei kommt es zu Entzündungen verschiedener Organe, das Krankheitsbild ähnelt einer Blutvergiftung. Bis zu einem Viertel der Betroffenen muss auf die Intensivstation. Einem Team der Universitätsmedizin Halle gelang nun ein Durchbruch in der Erforschung des Syndroms.
Symptome erst Wochen nach Covid-Erkrankung
Als die ersten Fälle von MIS-C auftraten, war nicht klar, dass dieses Krankheitsbild mit SARS-CoV-2 in Zusammenhang stand. Die Betroffenen waren doch schon genesen, die Covid-19-Erkrankung lag bis zu sechs Wochen zurück. Dass die Ursache der dem Kawasaki-Syndrom ähnelnden Erkrankung im Coronavirus lag, wurde erst klar, als sich die Fälle häuften. Doch auch mit mehr Verständnis der Symptome blieb eine Frage ungeklärt: Warum tritt die multisystemische Entzündung nur bei manchen Kindern auf? Diesem und anderen Aspekten ging Prof. Dr. Mascha Binder, Direktorin der Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin IV der Universitätsmedizin Halle, mit ihrem Forschungsteam auf den Grund. So konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das Syndrom mit bestimmten Gewebemerkmalen zusammenhängt.
Bestimmte Gewebemerkmale als Auslöser
„Wir waren die Ersten, die zeigen konnten, dass ein bestimmter Typ von HLA-Gewebemerkmalen mit der Entwicklung von MIS-C verbunden zu sein scheint. Da diese Konstellation von Gewebemerkmalen selten ist, erklärt sich, warum glücklicherweise verhältnismäßig wenige Kinder dieses potentiell lebensbedrohliche Syndrom nach Covid-19 entwickeln“, erklärt die Hallenser Medizinerin. Bei der Erforschung des MIS-C zeigte sich außerdem, dass sich die Abwehr der erkrankten Kinder teilweise auch gegen körpereigene Strukturen richtete. So kam es zu Entzündungen der Organe.
Überreaktion der Immunabwehr
MIS-C ist eine sehr seltene aber ernstzunehmende Komplikation einer Coronavirusinfektion. Sie ist die Folge einer überschießenden Reaktion des Immunsystems. Prof. Binder empfiehlt Eltern, deren Kinder eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben und nun Entzündungssymptome wie Fieber, Magen-Darm-Beschwerden, Kreislaufprobleme oder andere Auffälligkeiten aufweisen, ärztlichen Rat aufzusuchen. So kann ein MIS-C ausgeschlossen oder aber entsprechend behandelt werden. Die Ergebnisse der Forschung veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachblatt „The Journal of Clinical Investigation“.
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