Zucker ist Teufelszeug, Fett dagegen nicht so schlimm wie lange behauptet – das sagt der Pädiatrie-Professor Robert Lustig von der University of California in San Francisco (UCSF), der eine Verbannung von Zucker fordert. Vor allem der industriell hergestellte Zuckersirup in Fertigprodukten und Softdrinks sei verantwortlich für die steigende Zahl von Übergewichtigen und Krankheiten wie Herz- und Kreislauferkrankungen, Diabetes und Leberschäden: «Zucker ist Gift», sagte Lustig im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Die jahrelange vorrangige Problematisierung von Fett sieht er als Fehler an.
„Zucker ist Gift“
„Heute sage ich mit noch mehr Nachdruck: Zucker ist Gift“, so der 57-Jährige. Für Aufsehen sorgte Lustig bereits 2009, als sein Vortag „Zucker: die bittere Wahrheit“ über fünf Millionen Mal im Internet angesehen wurde. In dem Beitrag erläutert der Mediziner seine Sicht auf den Stoffwechsel und die Gefahren eines hohen Konsums. „Jetzt haben wir alle Fakten dazu zusammen, dass zu viel Zucker zu Fettsucht, Herzkrankheiten, Leber- und Stoffwechselproblemen führt. Zucker macht nicht nur dick, sondern auch krank“, sagt Lustig.
Er führt weiter aus: „Zucker steckt in Allem drin. Es ist nicht der Zucker, den man kennt, sondern der, den man nicht vermutet.“ Die meisten Leute würden zum Beispiel einen Nachtisch mit etwa dreieinhalb Teelöffeln Zucker essen. „Dann denken sie, dies sei die gesamte Portion für diesen Tag. Sie wissen aber nicht, dass mehr als die Hälfte ihres Zuckerkonsums in anderen Produkten versteckt ist. Ein Hühnersalat mit Fertigsauce ist quasi auch Dessert. Wir essen 19-einhalb Teelöffel jeden Tag. Das ist so, als wenn wir sechs Mal Nachtisch essen.“
„Suchtmittel wie Alkohol“
Für den Kinderarzt ist Zucker ein Suchtmittel, das ähnlich wie Tabak oder Alkohol abhängig machen könne. Lustig sieht den Staat in der Pflicht, regulierend durch Verbote und Steuern einzugreifen. „Zu viel Fruktose, eine gebräuchliche Form von Zucker, kann die Leber schädigen, so wie zu viel Alkohol“, heißt es auf der neuen Webseite Sugarscience.org, die den Beinamen „die ungesüßte Wahrheit“ trägt. Dort informieren Mediziner unter anderem darüber, dass ein US-Bürger pro Jahr rund 30 Kilogramm Zucker konsumiert, wobei in der Berechnung lediglich zugesetzter Zucker enthalten ist. Natürlicher Zucker, wie etwa in Obst oder Milch, kommt noch hinzu.
Fazit
Dies ist sicher eine zugespitzte Position. Wie so oft kommt es bei der Beantwortung der Frage, was schädlich ist, und was nicht, auf die Menge an. Zucker ist an sich nicht giftig, sondern ein wertvolles Nahrungsmittel, und ein sehr guter Energielieferant. Schädlich ist nur eine zu große Menge, weil dann die Gesamtaufnahme an Kalorien – auf die kommt es an – schnell zu gross ist. Denn schon eine kleine Menge Zucker enthält viele Kalorien. Der Kritik an dem „versteckten Zucker“ in Fertigprodukten ist insoweit zuzustimmen. Bedenkenswert ist auch die Kritik von Professor Lustig an der bisherigen Fixierung auf Fett. Es spricht in der Tat einiges dafür, dass Zucker in Bezug auf Übergewicht sehr viel problematischer ist als Fett.
Richtig ist, dass süße Nahrung auf das Belohnungszentrum des Gehirns wirkt. Von einem Suchtmittel zu sprechen geht allerdings zu weit. Ob Verbote und verhaltensändernde Steuern mit dem (ur-amerikanischen) Geist der Freiheit vereinbar sind, ist wieder eine ganz andere Frage.
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