Fieber, Magen-Darm-Beschwerden, Bindehautentzündung, Ausschlag – dabei war die Covid-19-Erkrankung gerade erst überstanden? Normalerweise stecken Kinder eine Infektion mit dem Coronavirus gut weg, um einiges besser als Erwachsene. In seltenen Fällen jedoch können sie gefährliche Post-Covid-Symptome entwickeln.
Multisystemisches Entzündungssyndrom
Das Multisystemische Entzündungssyndrom, kurz MIS, wurde im April 2020 erstmals beschrieben und steht in Zusammenhang mit Sars-CoV-2-Infektionen. Die Erkrankung ist gefährlich und kann zu Komplikationen führen, doch tödliche Verläufe sind zum Glück selten. Da Kinder am häufigsten betroffen sind, vorwiegend im Schulalter, wird auch von MIS-C gesprochen – C für „children“. Eine kürzliche veröffentlichte Studie untersuchte das Syndrom genauer. Das Team um Laura Vella von der Perelman School of Medicine in Philadelphia vergleicht darin die Ergebnisse von 14 Kindern mit MIS mit denen von Kindern, die an Covid-19 erkrankt waren, aber kein MIS entwickelten.
Ursache unbekannt
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass bei den Kindern mit MIS das Immunsystem die körpereigenen Blutgefäße angriff. Damit zeigt die Erkrankung deutliche Gemeinsamkeiten mit dem Kawasaki-Syndrom. Beim Kawasaki-Syndrom kommt es zu einer Vaskulitis, einer Entzündung von Arterien und Venen durch Autoimmunreaktionen. Bei schweren Covid-19-Verläufen bei Erwachsenen werden ähnliche Prozesse beobachtet, doch was Forschende beim MIS-C zusätzlich rätseln lässt, ist die zeitliche Verzögerung. Denn die lebensbedrohlichen Symptome zeigen sich erst bis zu 6 Wochen nach überstandener Coronainfektion. Waren die Kinder also doch noch gar nicht gesund? Möglicherweise gibt es einen bisher unbekannten Auslöser, der das Immunsystem stimuliert und so die beobachteten Reaktionen verursacht. Doch die Ärztin und Immunologin Vella und ihr Team vermuten, dass es sich schlicht und ergreifend um eine verschleppte Infektion handelt. Das Immunsystem der Kinder schafft es nicht, den Körper vollständig von den Viren zu befreien.
Wenn das Immunsystem überreagiert
Diese Annahme bestätigten auch die PCR-Tests der Kinder: Die Mehrzahl zeigte trotz augenscheinlicher Genesung nach der Infektion mit Sars-CoV-2 eine geringe Viruslast und ein positives Ergebnis. Das deutet darauf hin, dass die Infektion nie komplett überwunden war. Da noch immer Viren im Körper sind, kommt es schließlich zu einer zweiten Immunreaktion und in diesem Rahmen – wie beim Kawasaki-Syndrom – zu autoimmunologischen Prozessen. Dabei reagiert das Immunsystem über und greift letztendlich den eigenen Körper an. Warum es dem Immunsystem der Kinder nicht gelungen ist den Körper vollständig von den Viren zu befreien, bleibt weiterhin unklar. Jedoch gibt es durch das bessere Verständnis inzwischen offizielle Leitlinien, wie das Multisystemische Entzündungssyndrom bei Kindern zu behandeln ist. Um die Autoimmunreaktion zu stoppen, werden Steroide empfohlen, außerdem wird zur intravenösen Gabe von Antikörpern geraten, was sich bereits bei der Behandlung des Kawasaki-Syndroms bewährt hat. Trotzdem betonen Vella und ihre Kollegen, dass weitere Studien zum MIS-C dringend erforderlich sind.
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