Die Rolle von Kindern in der Pandemie wird immer wieder diskutiert: Wie gefährdet sind sie? welchen Einfluss nehmen sie auf das Infektionsgeschehen? Sollten Schulen öffnen? Müssen auch Kinder geimpft werden? Die COVID-19-Familienstudie Baden-Württemberg veröffentlichte nun Ergebnisse, die Licht ins Dunkel bringen.
Kinder stecken sich seltener an
Forschende der Universitätskliniken Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm sowie des Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Instituts NMI in Reutlingen untersuchten in einer kürzlich als Preprint veröffentlichten Studie das Infektionsgeschehen unter Heranwachsenden und ihren Familien. Die Ergebnisse machen Mut: Kinder hatten meist nicht nur einen deutlich milderen Krankheitsverlauf als Erwachsene, sondern steckten sich auch seltener an. Zudem waren asymptomatische Verläufe unter den Jüngsten häufiger. Trotzdem entwickelten sie starke Antikörper: Die Immunantwort bei Kindern war durchschnittlich stärker und hielt außerdem länger an als bei Erwachsenen.
Weniger Sympome, mehr Antikörper
Die Studie umfasste 328 Familien, bei denen mindestens ein Mitglied an COVID-19 erkrankt war. Somit nahmen 548 Kinder zwischen 6 und 14 Jahren sowie 717 Erwachsene daran teil. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede bei der Ausprägung der Erkrankung: Während nur 9 Prozent der Erwachsenen asymptomatische Verläufe hatten, war dies unter Kindern bei 45 Prozent der Fall. Kein Kind musste aufgrund einer Coronainfektion im Krankenhaus behandelt werden. Trotzdem ließen sich 12 Monate später bei Heranwachsenden stärkere und länger anhaltende spezifische Antikörperspiegel nachweisen – unabhängig davon, ob sie zuvor Symptome entwickelt hatten. Diese Immunität sollte sie auch vor den verschiedenen Virusvarianten gut schützen, schreiben die Forschenden. Kinder infizierten sich zudem deutlich seltener: In Familien mit einem Coronafall steckten sich 58 Prozent der Erwachsenen ebenfalls an, allerdings nur 34 Prozent der Kinder.
Trotzdem nicht zu unterschätzen
Doch nicht nur in der Quantität der Beschwerden unterschieden sich die Altersgruppen in der Studie: Während typische Symptome bei Erwachsenen Fieber, Husten, Durchfall und Geschmacksstörungen umfassten, waren unter Kindern nur Geschmacksstörungen ein zuverlässiger Indikator für eine Infektion. Erst ab etwa 12 Jahren waren auch Fieber und Husten häufige Krankheitsanzeichen. Trotz dieser hoffnungsvollen Ergebnisse sollte eine Coronainfektion auch bei Kindern nicht auf die leichte Schulter genommen werden. So kann etwa in einigen Fällen auf eine Erkrankung das lebensgefährliche PIM-Syndrom folgen, bei der das Immunsystem überreagiert und so Entzündungen in mehreren Organen verursacht. Und auch vor Long-COVID sind die Jüngsten nicht sicher: Von Konzentrationsstörungen über Muskel- und Gliederschmerzen bis hin zu Abgeschlagenheit oder Atemnot können die anhaltenden Symptome reichen.
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