Die fortlaufenden Mutationen des Coronavirus bereiten Forschern zunehmend Sorgen, was die Wirksamkeit von Impfstoffen angeht. Sogenannte Fluchtmutationen (engl. „escape mutations“) können die Wirkung der aktuell verfügbaren Medikamente einschränken. In einer aktuellen Studie haben amerikanische Forscher nun jedoch weitere Angriffspunkte von SARS-CoV-2 aufdecken können, die eine deutliche Verbesserung der Impfungen und der Therapie gegen Covid-19 bringen sollen.
Bisher nur Teile des Spike-Proteins im Visier
Das Forscherteam des Vanderbilt University Medical Center und der Washington University School of Medicine in St. Louis, Missouri konnte in der Studie nachweisen, dass Antikörper sich nicht nur an die Rezeptorbindungsdomäne (RBD) des bekannten Spike-Proteins binden können. Denn diese ist noch dazu hochgradig veränderlich, was es umso schwerer macht, das Virus mit derzeitigen Impfstoffen und Medikamenten unter Kontrolle zu bringen, so auch die Forschenden. Zusätzlich wurde nun aber entdeckt, dass das Immunsystem auch die N-terminale Domäne (NTD) erkennt und den Erreger in Folge neutralisieren kann.
Drei Fäuste gegen Corona
Bei der Analyse des Infektionsvorgangs fanden die Forscher gleich mehrere Antikörper, die sich an die NTD von SARS-CoV-2 anheften konnten. Davon waren drei verschiedene Typen in der Lage das Virus zu neutralisieren, berichten die Forscher. Die am stärksten neutralisierenden monoklonalen Antikörper blockierten dabei in weiterer Folge einen wichtigen Schritt in der Viruszelle, der es ihr unmöglich machte, die angegriffene Körperzelle erfolgreich zu infizieren. Dadurch konnten auch die Vermehrung und der Ausbruch der Krankheit verhindert werden.
Neue Waffe gegen Fluchtmutationen
Diese neuen Erkenntnisse ermöglichen es nun Wirkstoffe zu entwickeln, die auf die zweite, ebenfalls verwundbare, Domäne im Virus abzielt. Auch Versuche bei Mäusen zeigten eine Wirksamkeit der monoklonalen Antikörper, die sogar tödliche oder schwere Verläufe bei einer erfolgten Infektion verhindern können: „Das Hinzufügen von NTD-erkennenden monoklonalen Antikörpern zu therapeutischen Antikörper-Cocktails könnte die Selektion von Escape-Varianten oder die Entwicklung von Resistenzen gegen aktuelle Therapien, die nur auf RBD abzielen, minimieren“, ergänzen die Forschenden. Dadurch wäre es ebenfalls besser möglich zukünftige Fluchtmutationen zu bekämpfen.
Kombination soll Effizienz erhöhen
„Unser Team fand eine neue Schwachstelle auf dem Virus-Spike-Protein, die von schützenden menschlichen Antikörpern angegriffen werden kann“, fasst Dr. James Crowe Jr., Direktor des Vanderbilt Vaccine Centers zusammen. Bisherige Wirkstoffe enthalten nur RBD-Antigene und sind daher nicht in der Lage NTD-reaktive neutralisierende Antikörper zu induzieren. Eine Anpassung der Impfstoffe, die beide Domänen damit zukünftig abdecken können, lässt damit eine breitere Immunantwort zu, die noch dazu langfristig effektiver ist, so das Forscherteam.
Forschung geht zügig voran
Zahlreiche Forschungsgruppen beschäftigen sich mittlerweile mit dem Kampf gegen die Corona-Pandemie. Vergangene Studien konnten unter anderem körpereigene Proteine, isolierte DNA-Ketten (Aptamere) und Angriffspunkte, die nicht von dynamischen Zuckermolekülen (Glykane) abgedeckt sind, als wirksames Mittel im Kampf gegen das Coronavirus ausmachen. Die neu gemachte Entdeckung von NTD-basierenden Impfstoffen kann einen weiteren erfolgreichen Ansatz in der Bekämpfung des Erregers darstellen. Dazu müssen aber, wie auch bei den restlichen Entdeckungen, klinische Studien an menschlichen Probanden deren Wirksamkeit zuerst nachweisen. Erst dann können die neuen Wirkstoffe ohne Sicherheitsbedenken zugelassen und in Folge auch eingesetzt werden.
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