Produkte aus Cannabidiol (CBD) werden immer beliebter. Verschiedene Wirkungen werden der Substanz nachgesagt, von schmerzlindernd über stimmungshebend bis schlaffördernd. Ein Forschungsteam des LMU Klinikums München zeigte nun, dass es eine Fähigkeit auf jeden Fall hat: In einer kürzlich veröffentlichten Studie belegten die Wissenschaftler den tumorbekämpfenden Effekt und deckten zusätzlich den Wirkmechanismus auf.
Kaum Behandlungsmöglichkeiten für Hirntumore
Eine Forschungsgruppe der Ludwig-Maximilians-Universitätsklinik München untersuchte, wie sich hochreines Cannabidiol auf Glioblastome auswirkt. Ein Glioblastom ist die häufigste und bösartigste Art von Hirntumor, die sich aus den Gliazellen, den Stützen der Nervenzellen, entwickelt. Jedes Jahr verzeichnet Deutschland etwa 4.800 Neuerkrankungen. Zurzeit bestehen kaum Behandlungsmöglichkeiten, die Lebenserwartung beträgt für die meisten Patienten ab Diagnosestellung nur 16 Monate. Neue, wirksame Therapien werden daher dringend gesucht.
CBD ist nicht gleich CBD
Der Markt bietet viele verschiedene Cannabidiol-Produkte. Studienleiter Prof. Dr. Rainer Glaß von der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik am LMU Klinikum rät von allen ab. „Man weiß nie, was man da bekommt, wenn man an Reinheit, Zusammensetzung und Konzentration des Wirkstoffes denkt“, sagt er. Der Forscher hält alle Meldungen über allgemein entzündungshemmende und tumorunterdrückende Wirkungen der Substanz für „sehr zweifelhaft“. Zudem gibt es zurzeit nur ein Produkt, welches von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) für die medizinische Anwendung zugelassen ist. Das Medikament namens Epidiolex kann bei schweren kindlichen Epilepsien verschrieben werden.
Studie zeigt: Cannabidiol stoppt Tumorwachstum
Für die Studie gaben die Forschenden hochreines CBD zu Tumorzellen von Mäusen und Menschen und beobachteten den Effekt. Innerhalb von drei Tagen zeigte sich bereits die Wirkung: Die Glioblastomzellen starben ab. „CBD induziert den Zelltod bestimmter Glioblastome, es gibt aber auch Tumore, die nicht therapeutisch auf CBD ansprechen“, erklärt der Forscher. Das Team fand auch Marker, an denen man jene Tumore, die wahrscheinlich auf eine CBD-Behandlung ansprechen, erkennen könnte. Außerdem blockiert die Substanz einen für Glioblastome wichtigen Signalweg, der ihnen erlaubt, stetig weiter zu wachsen. Durch die Blockade wird dies verhindert.
Bahn frei für klinische Studie
Der nächste Schritt ist, CBD als Therapeutikum für Glioblastome an Patienten zu testen. Die Voraussetzungen dafür könnten kaum besser sein: Mit Epidiolex steht den Forschenden bereits ein erprobtes und zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung. Anders als andere Substanzen – viele scheitern an der Blut-Hirn-Schranke – gelangt Cannabidiol zudem gut ins Gehirn. Dank des Biomarkers lässt sich außerdem vor Therapiebeginn prüfen, ob es sich um einen für CBD anfälligen Tumor handelt. Abgesehen davon ist der Wirkstoff so gut verträglich, dass man ihn „sogar kleinen Kindern verabreichen kann“, so Glaß. Von Selbstmedikation rät der Forscher allerdings dringend ab. „Da sollte man besser abwarten, bis die Wissenschaft gute Daten und pharmakologisch einwandfreie Wirkstoffe vorlegen kann – vielleicht sogar nicht nur im Kampf gegen den Krebs, sondern auch zur Therapie anderer Erkrankungen, die auf Entzündungsreaktionen beruhen wie Rheuma oder Neurodermitis und andere“, empfiehlt der Experte.
Was meinen Sie?